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Genug ist genug
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Genug ist genug

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Hanne bückt sich und nimmt einen Stapel Teller aus der Geschirrspülmaschine. Sie stellt die Teller in den Oberschrank, der über der Maschine hängt. Die Tür klappt zu, aber nicht ganz. Das Fach ist einfach zu voll. Einige Schüsseln stehen nicht haargenau an dem Platz, der für sie vorgesehen ist. „Einfach zu viel Geschirr“, knurrt sie vor sich hin. Sie schaut sich in der Küche um. „Warum habe ich nur so viel Kram?“ Die Antwort gibt sie sich selber: Ich sammle so gerne schönes Geschirr. Aber jetzt reicht es einfach. Genug ist genug. Sie beginnt, den Schrank auszuräumen.

Nachmittags kommt Martin, ihr Sohn, vorbei und sieht den Tisch voller Geschirr. Da türmen sich Eierbecher, Milchkännchen, die Kakaobecher mit den bunten Tupfen und Glasschälchen, dazu ein Teegeschirr. „Na, großes Aufräumen angesagt?“ fragt er seine Mutter. „Ist ja auch gerade Fastenzeit“, witzelt er weiter. „Schau doch mal, die vielen Sachen.“, meint Hanne. „Über Jahre habe ich sie gesammelt. Du kannst alles haben. Nimm mit, was du haben willst.“

Martin bleibt vor dem Tisch stehen, überlegt einen Moment. „Ja, schon“, antwortet er. „Du hast schöne Sachen. Ich entscheide aber danach, was ich brauche und nicht danach, was ich haben will. Zu viele Sachen, die belasten mich nur und nehmen mir die Luft zum Atmen. Sei mir nicht böse, Mama, aber etwas haben zu wollen oder etwas zu brauchen, das ist doch ein großer Unterschied. Von dem, was hier steht, kann ich ein paar Eierbecher brauchen. Die nehme ich gerne mit, danke.“

Hanne schaut ihren Sohn verblüfft an. „Aha“. Da hat er mir aber gerade eine Lektion erteilt! Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Etwas `Haben wollen` oder etwas `brauchen` ist nicht dasselbe. Ich weiß, ich entscheide mich oft genug für das „Haben wollen“. An schönen Dingen kann ich einfach schlecht vorübergehen. Gut, ich denke weiter darüber nach, was das für mich bedeutet.“

„Ich meine“, sagt Martin zu seiner Mutter, „weniger ist mehr. Verzichten kann guttun. Deswegen finde ich es richtig prima, dass es eine Zeit des Fastens und des Verzichtens gibt. Sie kann das Herz und den Verstand freimachen. Und es tut auch gut, wenn man dabei unterstützt wird. Die Fastenzeit ist ja kein Korsett, in das ich mich einspannen lasse. Sondern eine Zeit, um sich auf das Wichtige zu besinnen.

„Keine Angst, auf dich, Mutter, will ich keinesfalls verzichten. Ich bleib noch ein wenig. Wir packen die Sachen ein, und nächste Woche bringe ich sie ins Fairkaufhaus. Ich bin sicher, ein anderer hat seine Freude daran und kann sie gut gebrauchen.

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