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Einen neuen Anfang wagen
Bildquelle: pixabay

Einen neuen Anfang wagen

Marcus C. Leitschuh
Ein Beitrag von Marcus C. Leitschuh, Katholischer Religionslehrer und Autor, Kassel
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Ein Foto geht mir nicht mehr aus dem Kopf: eine riesige schwarze Fläche. Erkaltete Vulkanlava schiebt sich in felsengroßen Brocken übereinander. Weit und breit ist kein Grün zu sehen. Und dennoch: In der Bildmitte sieht man eine Frau. Rotes T-Shirt und kurze Hose. Sie bückt sich über ein Loch im Lavaboden. Aus einem Eimer schüttet sie frischen Mutterboden hinein und pflanzt eine kleine Kokospalme. Es wird noch Jahre dauern, bis sie ein stattlicher Baum ist und Früchte trägt, aber ein Anfang ist gemacht.
Ein großartiges Foto, ein hoffnungsvolles Foto. Es wurde auf der Insel Hawaii aufgenommen. Im letzten Jahr brach dort ein Vulkan aus. Der Südwesten der Insel wurde damals von einer riesigen Lavawelle überrollt. Vor all dem Schwarz des Vulkangesteins will die Frau auf dem Foto sich nicht geschlagen geben. Diane Cohen heißt sie, ist 64 Jahre alt. Sie will einen Anstoß zu neuem Wachsen, zu neuem Blühen und zu neuem Grün geben. Die Natur wird ihr übrigens helfen: Durch den Vulkanausbruch hat der Vulkan auch tonnenweise Mineralien ausgestoßen, die jetzt ein wunderbarer Dünger sind.
„Ein neuer Anfang“ ist – ganz passend - das Foto der pflanzenden Frau auf Hawaii überschrieben. Und genau das ist wichtig: dass es immer wieder Menschen gibt, die nicht resignieren, die stattdessen anpacken und neues Grün pflanzen. Ein neuer Anfang ist aber auch nicht nur da wichtig, wo wir mit einem gepflanzten Baum etwas für das Klima und die Natur tun. Neue Anfänge helfen auch da, wo Sprachlosigkeit in einer Beziehung herrscht. Wo Feindschaft unveränderbar scheint. Wo Menschen das Gefühl von Sackgassen und Hoffnungslosigkeit haben. Genau dort können kleine Zeichen der Verbundenheit, der Freundschaft, der Nähe und der Liebe wichtig sein. So wichtig wie das Signal des frischen Grüns in der tristen Lavawüste. Das Foto aus Hawaii spricht mich genau deshalb an: weil ich Respekt vor dem Handeln der Frau habe, die Kokospalmen pflanzt und weil es mich daran erinnert, dass jeder von uns kleine Zeichen der Hoffnung und des Neuanfangs setzen kann. Nicht nur auf Hawaii nach einem Vulkanausbruch. Auch bei uns vor der Haustür.

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