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Draußen beten
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Draußen beten

Rolf Müller
Ein Beitrag von Rolf Müller, Pastoralreferent Pfarrei Mariä Himmelfahrt, Frankfurt
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Das war schon außergewöhnlich! Da war ich auf einem Spaziergang in einem ruhigen Frankfurter Wohnviertel unterwegs, als ich einen jungen Mann gesehen habe. Er hatte einen schicken Anzug an, stand einfach so auf dem Bürgersteig und hat immer wieder den Kopf geneigt. Dann hat er sich schließlich auf den Boden niedergeworfen. Da war mir klar: Er ist ein gläubiger Muslim, der gerade hier seine Gebete verrichtet, auf seiner Jacke als Unterlage.

Einfach so auf der Straße beten?

So etwas sehe ich nicht oft. Ich kenne zwar viele Menschen, die regelmäßig beten; auch ich tue das. Aber ich weiß auch: Gläubige Menschen tun das meistens in ihren Kirchen, Synagogen, Moscheen und anderen Gebetshäusern oder für sich alleine im so genannten „stillen Kämmerlein“. Aber einfach so auf der Straße beten? So, dass es alle Leute sehen können? Ich glaube: Das ist in unserer Gesellschaft einfach nicht üblich.

Warum nicht: In der Öffentlichkeit Gefühle zeigen und - beten

Ich frage mich: Warum ist das so? Vielleicht ist es für viele generell ungewohnt, etwas Persönliches oder Gefühle in der Öffentlichkeit zu zeigen. Vielleicht trauen sich Menschen deswegen nicht, öffentlich zu beten. Man lacht oder weint ja auch eher selten draußen. Oder gibt es vielleicht eine Angst, sich als religiöser Mensch zu outen?

Momente im Alltag, bei denen mir nach Beten zumute ist

Eine Antwort auf diese Fragen habe ich nicht, aber für mich steht fest: Es ist überhaupt nicht schlimm, auch einmal draußen in der Öffentlichkeit zu beten. Denn ich singe ja auch manchmal einfach vor mich hin und ich kann auch laut loslachen, wenn mir gerade etwas Witziges einfällt. Manchmal werde ich dabei von einigen Leuten komisch angeschaut. Aber das stört mich nicht. Und ich erlebe im Alltag immer mal wieder Momente, bei denen mir nach Beten zumute ist – ganz egal, wo ich gerade bin. Gerade wenn ich etwas Tolles erlebt habe, will ich Gott Danke sagen. Natürlich will ich damit niemanden belästigen und aufdringlich will ich auch nicht sein. Aber mir tut es gut, einfach stehen zu bleiben, ein Kreuzzeichen zu machen, die Hände zu falten und ein kleines Gebet zu sprechen. Und ich habe gemerkt: Mir tut das gut.

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