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Donnerstags in schwarz
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Donnerstags in schwarz

Daniel Lenski
Ein Beitrag von Daniel Lenski, Evangelischer Pfarrer, Königstein-Falkenstein
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Falls Sie gerade vor dem Kleiderschrank stehen und nicht so richtig wissen, was Sie anziehen sollen: Greifen Sie heute gern zu etwas Schwarzem.
Dazu rät die Kampagne „Donnerstags in Schwarz“. Sie will darauf aufmerksam machen: Jeden Tag wird Gewalt ausgeübt – gegen Frauen und Männer, Jungen und Mädchen, auch sexualisierte Gewalt.

Die Farbe Schwarz ist bei uns in Deutschland vor allem ein Zeichen der Trauer. In anderen Kulturen steht sie für Widerstand und Protest. Die Aktion „Donnerstags in Schwarz“ drückt beides aus: Trauer und Protest. Noch bevor es den Hashtag „#metoo“ gab, haben vor allem Frauen „Donnerstags in Schwarz“ ins Leben gerufen.

Eine von drei Frauen weltweit hat bereits körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Diese Gewalt hat viele Gesichter. In Israel und Palästina kämpfen Frauen in Schwarz gegen die alltägliche Gewalt in ihren Ländern. In der Demokratischen Republik Kongo demonstrieren Menschen gegen Vergewaltigungen, die als Kriegswaffe gegen Frauen und Mädchen eingesetzt werden. In Buenos Aires versammeln sich jede Woche Mütter und Großmütter vor dem Präsidentenpalast. Sie erinnern an ihre Kinder und Enkel, die während der Militärdiktatur verschwunden sind. Ihr Schicksal ist noch immer nicht geklärt.

Die Idee für „Donnerstags in Schwarz“ stammt vom Ökumenischen Rat der Kirchen. Das ist ein Zusammenschluss von 350 christlichen Kirchen auf der Welt. Sie haben vor über 20 Jahren erkannt, dass sie etwas tun müssen. Christliche Gemeinden sollen Schutzräume sein – mit Menschen, denen man vertrauen kann. Umso schrecklicher ist es, wenn Kirchenvertreter dieses Vertrauen missbrauchen und sexuell gewalttätig werden. Wenn die, die Opfer schützen sollen, selber zu Tätern werden. Wenn die, die Gewalt anprangern, selber Gewalt ausüben. In der Gemeinde, in der Schule, in einem Kinderheim. Es hat sich gezeigt: Steile Hierarchien und fehlende Transparenz führen zu großem Schaden.
Besonders schlimm ist, dass es bis heute einzelne christliche Gruppen auf der Welt gibt, die religiös begründen, warum sie Frauen schlechter behandeln als Männer. Einige schauen gar weg, wenn Frauen oder Kinder geschlagen werden. Sie führen Bibelstellen an wie zum Beispiel: „Der Mann ist das Haupt der Frau.“ Oder: „Wer sein Kind liebt, der züchtigt es.“ So legitimieren sie Gewalt.
Dagegen protestieren viele der Kirchen, die sich im Weltkirchenrat zusammengeschlossen haben. Auch mit der Aktion „Donnerstags in Schwarz“. Die Botschaft der Kampagne lautet: Sprecht über die Gewalt in Eurem Umfeld. Denkt nach über Strukturen, die andere Menschen unterdrücken. Tragt donnerstags Schwarz und redet darüber! 

Wie die Aktion wirkt, habe ich gerade bei einer internationalen Konferenz erfahren. Fast alle, die teilgenommen haben, machten mit. Sie kamen aus unterschiedlichen Teilen der Welt und waren am Mittwoch noch bunt gekleidet. Am Donnerstag hatten fast alle etwas Schwarzes an. Auf der Tagesordnung standen eigentlich ganz andere Themen. Aber durch die schwarze Kleidung war der Protest gegen Gewalt im Raum.
Ich trage seitdem oft an Donnerstagen Schwarz. Mir als Mann hilft die Aktion, mein Bewusstsein für die Rolle von Männern und Frauen zu schärfen: Wie geht es Frauen in meiner Umgebung? Wo liegen versteckte Machtstrukturen? Wo habe ich Macht, und übe ich sie fair aus? „Donnerstags in Schwarz“ lädt dazu ein, die eigene Rolle zu reflektieren. Und das ist notwendig, damit sich etwas zum Guten ändern kann.

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