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Die eigene Mitte finden
Bild: Pixabay

Die eigene Mitte finden

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
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Ich hab gerade die Lebenserinnerungen eines befreundeten Priesters gelesen. Er hat sie jetzt im Ruhestand geschrieben. Ich kenn ihn schon lange, und er bedeutet mir viel. Deshalb hab ich es als ein großes Geschenk empfunden, dass ich seinen Text lesen konnte. Dieser Priester ist für mich ein Vorbild: Er verbindet festen Glauben souverän mit einem kritischen, wachen Verstand.

Labyrinthe als Meditationshilfen

Als ich das Heft aufgeschlagen hab, war ich gespannt: Ich hab ja gewusst, dass es im Leben des Pfarrers viele Erfolge, aber auch Rückschläge und Richtungswechsel gegeben hat. Wie lässt sich so ein Leben auf den Punkt bringen? Auf Seite 2 hab ich eine faszinierende Antwort gefunden: Hier steht als Sinnbild für sein Leben das Bild von einem Labyrinth. Es ist eine besondere Darstellung: Sie stammt aus einer mittelalterlichen Kirche. Christen im Mittelalter haben das uralte Symbol sozusagen für sich neu entdeckt. Sie nutzten Labyrinthe als Meditationshilfen.

Der Pfarrer hat unter das Labyrinth-Bild auch einen solchen mittelalterlichen Text gestellt: Der Text beschreibt, wie man als Mensch im Lauf seines Lebens durch ein solches Labyrinth geht: Wie man glaubt, das Ziel schon zu erreichen, und dann durch die verschlungene Wegführung wieder zurückgeworfen wird. Und wie man, wenn man schon sein Scheitern fürchtet, plötzlich die Mitte des Labyrinths erreicht.

Ich bin gelassener und zuversichtlicher

Mir hat sofort eingeleuchtet, weshalb das Bild und dieser Text den Erinnerungen voranstehen. Die Botschaft lautet für mich: Es geht im Leben nicht darum, möglichst gradlinig Karriereziele zu erreichen. Sondern darum, sich von Lebenslauf-Kurven nicht irritieren zu lassen. Und darauf zu vertrauen, dass es in dem scheinbaren Chaos eine Mitte gibt. Ich versteh für mich diese Mitte so: Vertrauen in einen Gott, der es gut mit mir meint. Und der möchte, dass ich meinen Weg immer weitergehe. Und nicht aufgebe.

Ich hab mich sehr gefreut, beim Lesen das alte christliche Labyrinth-Symbol wiederzuentdecken. Und zu spüren, wie viel Kraft und Hoffnung es vermitteln kann. Seitdem denk ich im Alltag immer wieder an das Labyrinth am Anfang der Lebensbeschreibung zurück. Und spür, auch wenn es mal nicht so gradlinig läuft: Ich bin gelassener und zuversichtlicher. Die Mitte und das Ziel werde ich erreichen.

 

 

 

 

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