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Der Glaube versetzt Berge

Der Glaube versetzt Berge

Rüdiger Kohl
Ein Beitrag von Rüdiger Kohl, Evangelischer Pfarrer, Frankfurt-Bockenheim

„Der Glaube versetzt Berge.“ An diesem Sprichwort aus der Bibel ist was dran. Wenn Menschen von einer Sache überzeugt sind, können sie sehr viel bewirken. Morgen wird ein Mann 75 Jahre, der mit seinen revolutionären Überzeugungen viel erreicht hat: Muhammad Yunus, Wirtschaftswissenschaftler aus Bangladesch. Man nennt ihn „Banker der Armen“. Seine Leistung: Er räumt armen Menschen einen Kredit ein, die niemand für kreditwürdig hält. 2006 bekam er den Friedensnobelpreis verliehen.

Bis dahin war es ein weiter Weg. Am Beginn dieses Weges stand ein Schock. Yunus war Professor an der Uni, als er Bangladesch bereiste. Diese Erfahrung war für ihn wie eine Universität des Lebens. Denn er sah die bittere Armut mit eigenen Augen. Er war schockiert über die Ausweglosigkeit dieser Menschen. Doch er hatte keine Angst vor Problemen. Er meint: Probleme sind der kostbarste Treibstoff für Neuerungen.

Probleme sind unsere Freunde. Und so entwickelte er eine Vision von einer anderen Welt: Er glaubt fest daran, dass Menschen eine von Armut freie Welt schaffen können. In solch einer Welt ist dann das Museum der einzige Ort, wo man Armut sehen wird. Wenn Schulkinder durch ein solches Museum der Armut gehen werden, werden sie entsetzt sein, das Elend und die Demütigung von Menschen zu sehen.

Um seine Vision umzusetzen, gründete er 1983 die Grameen Bank, zu Deutsch Dorfbank. Er tat er einfach genau das Gegenteil vom dem, was traditionelle Banken tun. Die Grameen Bank leiht den Bedürftigen kleine Darlehen. Denen, die über keine Sicherheiten verfügen. Die Kreditnehmer schließen sich in Gruppen zusammen und sorgen füreinander, um die Darlehen zurückzuzahlen. So machte Yunus Millionen von Menschen zu Unternehmern, vor allem Frauen. Seine Idee von Mikrokrediten fand viele Nachahmer in anderen Ländern. Yunus selbst gründete später mehr als 30 Unternehmen, die den Beschäftigten faire Löhne zahlen und einen großen Teil der Gewinne wieder in die Unternehmen investieren.

„Der Glaube versetzt Berge.“ Glauben heißt auf Lateinisch “credere”. Das ist das Ursprungswort von „Kredit“. Muhammad Yunus hat das Kreditwesen auf den Kopf gestellt und so Berge versetzt. Auch wenn die Armut heute noch längst nicht ins Museum verbannt ist. Glaube, der Berge versetzt, bedeutet, an etwas zu glauben, auch wenn der Anschein dagegen spricht. Etwas für wahr zu halten, das gegenwärtig noch nicht sichtbar ist. Er schreibt: „Jede Frau und jeder Mann verbergen in ihrem Inneren weitaus mehr als das, was wir bisher entdecken können. Grameen, die Dorfbank, hat mir Glauben gegeben, einen unerschütterlichen Glauben an die menschliche Kreativität.“

Mir machen die Einsichten von Muhammad Yunus Mut, vor Problemen nicht zurückzuschrecken. Manchmal das Gegenteil von dem zu tun, was andere von mir erwarten. Denen im übertragenen Sinne einen Kredit einzuräumen, die mir keine Sicherheiten bieten können. Und mich überraschen zu lassen, wenn ich viel mehr zurückbekomme, als ich geliehen habe.

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