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Tag des Kusses
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Tag des Kusses

Prof. Dr. Markus Tomberg
Ein Beitrag von Prof. Dr. Markus Tomberg, Professor für katholische Religionspädagogik, Fulda und Marburg

Was kann man nicht alles küssen: Siegerpokale zum Beispiel, bei der Tour, die heute beginnt. Oder nächste Woche in Wimbledon beim Tennis. Oder morgen schon bei Frauen-WM, nach dem Sieg beim Finale. Haustiere natürlich. Fremde bei Begrüßungen. Freunde. Sich selbst gegebenenfalls auch. Und die große Liebe, die vor allem. Heute ist der Welttag des Kusses, und die Bandbreite möglicher Kuss-Anwendungen zeigt: Das ist kein einfacher Tag, kein einfaches Thema und keine einfache Sache.
Passend dazu verliert sich der Ursprung dieses Welttages im Dunkel: Um 1990 taucht er plötzlich auf, unklar, wer ihn erfunden und eingeführt hat. Erinnert wird er seitdem jährlich und gern, gerade in den Medien. Und das ist gut nachvollziehbar. Denn auf den ersten Blick sieht es ja ganz klar so aus: Das Küssen ist ein gutes, ein fröhliches Thema, eines, bei dem Herz und Mund aufgehen. Von allgemeinem Interesse und mit der nötigen Leichtigkeit für ein Sommergeplauder, zum Beispiel am Radio.

Wenn nur die Sache nicht doch so kompliziert wäre. So viele ungeküsste Küsse enttäuschter Hoffnungen. So viele nicht errungene Siege. So viele, ja, die gibt es auch: so viele falsche Küsse. Judasküsse heißen die, seit in biblischen Zeiten Judas, einer aus dem engsten Freundeskreis Jesu, ausgerechnet mit einem Kuss die Verhaftung Jesu ermöglichte. Küsse, tatsächlich ein komplizierte Sache.
Dabei kennt gerade die Bibel vor allem die anderen, die liebenden, sogar die feurigen Küsse: Seitenweise findet sich da, etwa im sogenannten Hohelied im Alten Testament, ein Loblied auf die Küsse und die Liebe, voller Erotik und Leidenschaft. Der ehrliche Kuss und die ehrliche Liebe, die sind für die Bibel heilig. Da lässt sich gar Gott antreffen! Mystiker sprechen später sogar von einem Gotteskuss, einer innig liebenden Begegnung mit Gott.

Und alles das, Freude und Leid, Liebe und Hass, Gut und Böse, Freundschaft und Verrat, Gott und Mensch, das alles in einer winzigen Geste. Kein einfacher Tag, der Welttag des Kusses, und keine einfache Sache. Aber eine mit Tiefgang.

 

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