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Selbstverliebt
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Selbstverliebt

Ein Beitrag von Dieter Dersch, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Es gibt Menschen, die nichts und niemanden mehr lieben als sich selbst. Man nennt sie auch Narzissten. Dieser Begriff kommt aus der griechischen Mythologie. Dort wird erzählt, dass der Jüngling Narziss eine junge Frau verschmäht. Dafür wird er mit unstillbarer Selbstliebe bestraft. Er kann sich nicht von seinem Spiegelbild lösen. So sehr bewundert er sich selbst. Für andere hat er keinen Blick mehr.

 

Selbstliebe als Strafe?

Eine junge Frau in Taiwan sieht das offensichtlich nicht als Strafe. 2010 hat sie sich selbst geheiratet – mit allem, was dazugehört. Nun gab sich auch im britischen Devon eine 31jährige vor 50 geladenen Gästen feierlich selbst das Jawort und steckte sich den Ehering an den eigenen Finger. Sie gelobte sich Treue und gab das Versprechen, auch an schlechten Tagen für sich zu sorgen.

Das klingt bizarr oder amüsant. Und dennoch macht es mich auch nachdenklich. Grundsätzlich ist es doch gut, wenn ich „Ja“ zu mir selbst sagen kann, wenn ich mir verspreche, mir selbst treu zu bleiben und für mich zu sorgen.

Sich selbst zu lieben sieht auch die Bibel als gut an. Jesus sagt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Matthäusevangelium 22 Vers 38). Selbstannahme und Selbstliebe sind also eine Voraussetzung, um andere lieben und annehmen zu können.

Vielleicht muss man sich das gelegentlich deutlich machen. Einmal in den Spiegel schauen und sich selbst und das eigene Leben liebevoll betrachten, die kleinen und manchmal verborgenen Schönheiten an sich selbst entdecken. Sich selbst ein Zeichen setzen, das mir sagt: Du bist liebenswert.

Die beiden jungen Frauen haben das mit ihrer Selbstheirat getan. Die Sache hat nur einen Haken: Obwohl sie geheiratet haben, sind sie Single geblieben. Selbstliebe ist wichtig, Selbstverliebtheit hingegen macht irgendwann einsam.

Das kann dann tatsächlich zur Strafe werden – wie bei Narziss.

Selbstliebe ist notwendig, damit ich auch andere lieben kann. Aber erst, wenn sich meine Liebe anderen zuwendet, wird das Leben reich und schafft neue Möglichkeiten.

 

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