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Muss ich immer vergeben und verzeihen?
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Muss ich immer vergeben und verzeihen?

Dr. Fabian Vogt
Ein Beitrag von Dr. Fabian Vogt, Evangelischer Pfarrer in der Öffentlichkeitsarbeit, Frankfurt
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Moderator/in:  Kennt jeder … irgendwer hat uns verletzt, und jetzt fragen wir uns: Sollen wir ihr oder ihm vergeben – oder nicht?
Da passt es ja: Morgen ist der „Welttag der Vergebung“. Fabian Vogt von der Evangelischen Kirche: Wie ist das denn nun mit dem Vergeben? Sollen wir oder sollen wir nicht?

Ich würde sagen: Vergebung ist immer der bessere Weg. Denn was wäre die Alternative? Ich kann mich weiter tierisch aufregen … bringt aber nichts!

Ich mag ja das Wort „Wiedergutmachung“. Etwas ist nicht mehr gut in unserer Beziehung, und selbst wenn ich der Leidtragende bin, möchte es von meiner Seite aus „wieder gut machen“. Auch, weil es mir dann besser geht. 

Vergebung hat also einen doppelten Charakter: Sie ermöglich dem anderen, wieder mit mir in Kontakt zu kommen – und sie ermöglicht mir, mich von meiner Enttäuschung und meiner Wut zu befreien. Einfach, indem ich sage: „Ich vergebe dir! Das, was zwischen uns war, soll unsere Beziehung nicht mehr belasten!“

Und was ist, wenn der andere überhaupt kein Zeichen von Reue oder Einsicht zeigt?

Das ist ja das Verrückte: Vergebung durchbricht unsere übliche Vorstellung von Gerechtigkeit: „Die Missetat muss doch ausgeglichen werden. Wenigstens durch Buße.“

Vergebung heißt: Das Aufrechnen wird durchbrochen. Ist übrigens ein uralter christlicher Gedanke: Jeder Mensch macht so viel falsch, das könnte er gar nicht wieder gut machen. Darum sagt Gott: „Ich vergebe dir, damit du befreit leben kannst.“

Und dann haben die Christen gesagt: „So, wie Gott uns vergibt, sollten wir auch einander vergeben.“

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