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Mensch ärgere dich!
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Mensch ärgere dich!

Dr. Ansgar Wucherpfennig
Ein Beitrag von Dr. Ansgar Wucherpfennig, Jesuitenpater, Professor für Neues Testament an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt
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Neulich habe ich mich mittags wahnsinnig geärgert. Es hat mir den Nachmittag verdorben, und ich konnte meine Arbeit eigentlich vergessen. Immer wenn ich ein Stück vorangekommen war, musste ich wieder daran denken, und die Wut kam in mir hoch. Ich wollte mich hinsetzen und mich beschweren. Aber zum Glück hab‘ ich bemerkt: In meinem Ärger fallen mir nur lauter Formulierungen ein, die die Sache nicht ändern, sondern eher die Fronten verhärten. Abends habe ich dann einen guten Freund angerufen, der hat nur gelacht und gesagt: „Mensch ärgere Dich! … Ärgere Dich doch mal richtig!“

Ändert meine Wut die Sache zum Besseren?

„Mensch, ärgere dich nicht!“ heißt das Gesellschaftsspiel. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch an die Verpackung. Darauf war ein griesgrämiger Mann vor dem Spielbrett. Die anderen drei Mitspieler haben alle ihre Spielsteine ins Ziel gebracht. Nur er hat noch alle vier im Haus stehen. Kein einziger ist weitergekommen, und er sitzt da, schlägt mit der Faust auf den Tisch und ist verstimmt. Daneben stand der Name des Spiels: „Mensch ärgere dich nicht!“

Beim Spielen ist das wichtig. Spieler dürfen ruhig traurig sein, wenn sie verlieren, oder sie dürfen jubeln, wenn sie gewinnen. Aber mit Spielern, die sich ärgern, wird ein Spiel schnell anstrengend. Oft liegt ihr Ärger daran, dass sie das Spiel zu verbissen, zu krampfhaft sehen.

Den Ärger ruhig mal raus lassen

So ist es im Spiel, im Leben ist das anders. Es war befreiend für mich, als mein Freund mir sagte: Mensch ärgere dich! Denn damit konnte ich meine Wut endlich zulassen, die ich am Nachmittag vergeblich immer wieder heruntergeschluckt habe. Am besten wäre wohl gewesen, ich hätte mit meinem Ärger gleich einen langen Spaziergang gemacht. Ärger ist wichtig. Er kann mich darauf aufmerksam machen, wo etwas nicht gerecht zugeht. Und er kann mir dann Kraft geben, gegen diese Ungerechtigkeit auch anzugehen. Sich nicht zu sehr darin zu verbeißen, diese Regel aus dem Spiel kann wohl auch dann ein guter Rat bleiben.

Schlaf mal drüber nach

Ich habe meinen Freund dann auch gefragt, ob ich mich nicht beschweren soll. Er meinte, das könne ich schon tun, aber er würde mir raten, dass ich erstmal eine Nacht darüber schlafe. Auch das war gut. Am nächsten Morgen hatte ich mich nämlich so weit ausgeärgert, dass ich dann auch die richtigen Worte gefunden habe.

In der Bibel, im Epheserbrief heißt es (4,26): „Zürnt, doch sündigt nicht! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen!“ Worte von großer Lebensklugheit, finde ich.

Genau das hat mein Freund mir geraten: Mensch ärgere dich! Gib deinem Zorn über das Unrecht ruhig Raum, aber lass dich von ihm nicht um die Finger wickeln und deinerseits zu Unrecht hinreißen. Setz dich lieber in die Sonne und in ihr Licht, und lass sie über deinem Zorn nicht untergehen.

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