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Der Mann, der immer lächelt
Bild: Bishnu Sarangi/Pixabay

Der Mann, der immer lächelt

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Der Mann, der immer lächelt, hat heute Geburtstag. Es ist der Dalai Lama, der buddhistische Mönch. Er wird 85 Jahre alt und lächelt. Oder lacht laut in die Kameras. Dann sitzt er da in seinem schlichten Gewand, Sandalen, fast keine Haare, und lacht. Ob er immer etwas zu lachen hat, weiß ich nicht. Er hat ja seine Heimat Tibet verlassen, weil er sich vor den Regierenden in China fürchtete. Eine Weissagung soll geheißen haben: „Der Dalai Lama soll Tibet verlassen.“ Jetzt lebt er in Indien, seit sechzig Jahren. Und kommt manchmal nach Hessen. Hier besucht er Freunde oder gibt Seminare; besser: Stunden der Meditation. Dort lernt man, auf sich zu hören, übt das Verzichten; und man lernt die Liebe und die Ehrfurcht vor der Schöpfung. Buddhisten suchen den Frieden mit sich und der Welt. Nicht immer gelingt es ihnen. Christen übrigens auch nicht.

Dem Dalai Lama scheint es zu gelingen. Vor dreißig Jahren erhielt der den Friedensnobelpreis. Seitdem ist er weltweit bekannt und - lächelt. Schön ist das. Ich sehe ihn gerne lachen, auch wenn ich es nicht immer glauben kann. Kein Mensch kann immer lachen. Es gibt aber eine Freude, die auch im Schmerz nicht vergeht. Das sagen Menschen, die es wissen müssen. Die zu leiden haben und sich doch eine gewisse Heiterkeit bewahren. Ich stelle mir das schwer vor, aber ich höre es von Menschen, denen ich glaube. Manchmal sehe ich es Menschen auch an. Sie wirft nichts um, sagen wir dann. Und das stimmt. Sie bleiben aufrecht, selbst wenn sie liegen. Ihre Haltung bleibt klar. Es ist nicht so, dass sie Gott besser verstehen würden als andere oder ihm näher wären; das nicht. Es ist etwas anderes, was sie hält: Sie wissen sich geborgen. Sie können noch im größten Schmerz ihre Hände falten und sagen: Du bist bei mir.

Ich bewundere das und möchte das können. Wenn Menschen nach diesem Gebet ihre Hände wieder lösen, können sie bestimmt lächeln. Oder manchmal laut lachen. Auch wenn sie nichts zu lachen haben, wie andere meinen. Doch, haben sie. Sie mögen gefallen sein, der Schmerz mag sie hinunterziehen; sie haben sicher viele Tränen. Aber sie haben auch Gott, ihren Hirten, dem sie jederzeit sagen können: Du bist bei mir.

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