Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Nüsse selber knacken
Bild: Pixabay

Nüsse selber knacken

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
Beitrag anhören:

Die UNESCO feiert heute den „Welttag des Lehrers und der Lehrerin“. Das macht mich spontan ein bisschen stolz: Ich bin ja Lehrer, und so eine Wertschätzung tut gut. Außerdem spür ich etwas Optimismus. Denn ich find: Gedenktage können zwar nicht alles richten. Die Aufmerksamkeit an so einem Tag kann aber Lernbedingungen verbessern. Etwa durch Spenden für den weltweiten Bau von Schulen. Das merk ich etwa, wenn ich Berichte des Hilfswerks lese, das ich unterstütze.

"Lebenslanges Lernen" ist Alltag

Heute find ich außerdem: Der Welttag ist eine gute Gelegenheit, um mal über mein eigenes Lernen nachzudenken. Denn gerade in der Coronazeit hab ich festgestellt: „Lebenslanges Lernen“ ist keine Floskel. Sondern Alltag. Ich war jetzt besonders oft wieder Schüler: Hab Kurse zum Thema Lernplattformen besucht. Aber auch einen Sportkurs, um im Homeoffice fit zu bleiben.

Und es war seltsam: Ich hab den Lehrern gegenüber wieder alte Schülerreflexe gespürt. Wenn eine neue Lern-Einheit startete, hab ich gedacht: „Das Thema brauch ich nicht, das kann doch jeder“. Und erst mal abgeschaltet. Wenn es später darum ging, das neue Wissen anzuwenden, hab ich einen anderen fiesen Reflex gespürt. Jetzt hab ich vor lauter Angst, etwas falsch zu machen, gewünscht: „Der Lehrer soll mich beim Lösen so intensiv betreuen, dass ich nichts selbst machen muss.“

Aufgeschlossen für neuen Lernstoff

Irgendwann bin ich diesen Lernkillern auf die Schliche gekommen. Mir hat dabei eine schöne Erinnerung an meine Studienzeit geholfen: Ein Theologieprofessor, den ich sehr mochte, saß eines Mittags auf einer Parkbank und knackte sich Walnüsse. Ich ging zu ihm, um zu plaudern. Da reichte er mir seine Tüte mit Nüssen und sagte: „Das ist jetzt wie bei meinem Lernstoff in der Vorlesung: Ich biete Ihnen gerne ein paar Nüsse an und freue mich, wenn Sie welche nehmen. Aber knacken müssen Sie die Nüsse selbst“.

Als mir diese Szene eingefallen ist, hab ich gedacht: Besser kann man nicht sagen, wie ein konstruktiver Umgang mit Lehrern gelingt: Ich will aufgeschlossen für neuen Lernstoff sein. Und dann den Mut haben, ihn eigenständig zu üben. Seitdem hab ich beim Lernen oft gemerkt: Es lohnt sich wirklich, Nüsse anzunehmen, wenn sie einem angeboten werden. Und die Nüsse dann selbst zu knacken.

 

 

 

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren