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Gendersternchen
GettyImages/AndreyPopov

Gendersternchen

Daniel Lenski
Ein Beitrag von Daniel Lenski, Evangelischer Pfarrer, Königstein-Falkenstein
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Ein Sternchen entzweit das Land. Nicht nur in den Feuilletons der Zeitungen, auch in Stadtverwaltungen und in der Duden-Redaktion diskutieren die Leute kontrovers darüber. Es geht um das Gendersternchen. Oder präziser: um die Frage, wie gendersensibel wir sprechen und schreiben.

"Musikerinnen und Musikern" oder "Musiker*innen"

Das Gendersternchen ist eine von zahlreichen Möglichkeiten, von der Tradition des generischen Maskulinums abzuweichen. Um zu verdeutlichen, dass mit „Musikern“ nicht nur Männer gemeint sind, kann ich von „Musikerinnen und Musikern“ sprechen. Es gibt noch mehr Möglichkeiten: Ein Unterstrich, ein Sternchen oder ein Doppelpunkt weisen daraufhin, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt: Musiker*innen. Die Moderatorin Petra Gerster spricht das Gendersternchen in den „heute“-Nachrichten mit. Das sorgt für Diskussion. 60 Beschwerdebriefe hat sie nach ihrer ersten Sendung erhalten, in der sie das Sternchen verwendet hat. Die meisten übrigens von Männern.

Das Gendersternchen sorgt für Diskussionen

Egal wie man zu Formen wie dem Gendersternchen steht: Das Thema ist vielen Menschen wichtig. Befürworter*innen weisen darauf hin, dass Sprache immer die Wirklichkeit abbildet und unser Denken beeinflusst. Ihnen zufolge macht es einen großen Unterschied, ob andere Geschlechter als das männliche nur mitgedacht oder auch mitgesagt werden.

Sprache beeinflußt unser Denken

Gegner und Gegnerinnen dieser neuen Sprachformen halten Sternchen, Doppelpunkte etc. nicht nur für orthographisch falsch. Es sei doch naiv zu glauben: Mit der Sprache ändere sich die Gesellschaft. Im Gendersternchen sehen sie eine Verhunzung der Sprache, die ihnen heilig ist – wie vielen Befürworter*innen des Sternchens übrigens auch.

Beide Seiten versuchen, das Eigene und Gewohnte zu schützen

Ich merke: Ich muss mich bei der Debatte mit dem auseinandersetzen, was nicht meine Meinung ist, was mir fremd ist. Egal, ob ich eine Anpassung der Sprache für richtig halte oder nicht – ich muss mich mit dem beschäftigen, was mir zunächst widerstrebt. Denn beide Seiten versuchen, das Eigene und Gewohnte zu schützen: entweder die lieb gewonnene, vertraute Sprache oder den Anspruch, Veränderungen in der Gesellschaft ganzheitlich umzusetzen. Ganzheitlich meint: eben auch in der Sprache.

Der Doppelpunkt wird von elektronischen Lesesystemen erkannt

Ich selbst verwende häufig das Gendersternchen. Weil es mir deutlich macht, wo Menschen aller Geschlechter gemeint sind und wo nur Männer oder nur Frauen. Auch den Doppelpunkt verwende ich immer häufiger, weil er von den elektronischen Lesesystemen erkannt wird, die gerade für sehbehinderte Menschen wichtig sind.

Die Verwendung weiblicher Berufsbezeichnungen hat auch eine Schattenseite

Zugleich lerne ich aber auch von den Menschen, die anders denken. Ein Mann aus meiner Gemeinde schickte mir vor kurzem einen Zeitungsartikel. Dessen Autorin, eine Professorin, hatte einen Preis für ihre gute Lehre erhalten. Sie wies darauf hin, dass sie nicht nur eine der besten „Professorinnen“ sein wollte. Sie wollte zu den besten aller „Professoren“ gehören – die Männer eingeschlossen. Deshalb habe die Verwendung weiblicher Berufsbezeichnungen auch eine Schattenseite. Solche Argumente bringen mich zumindest ins Nachdenken.

Offen bleiben für die Argumente anderer

Auch wenn es anstrengend ist: Wenn ich offen bleibe für die Argumente derer, die anders als ich denken, weitet das meinen eigenen Horizont – und hoffentlich auch mein Gefühl für Sprache.

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