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Feldhamster gegen neue Wohnungen
Pixabay/SgH

Feldhamster gegen neue Wohnungen

Christoph Wildfang
Ein Beitrag von Christoph Wildfang, Evangelischer Pfarrer, Arnoldshain
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Vielleicht 50 Feldhamster bremsen den Bau von bis zu 2000 Wohnungen in Frankfurt-Sindlingen. Der Feldhamster ist geschützt. Wenn gebaut würde, wäre das Hamsterparadies in Gefahr. Wie kann ich das abwägen: Feldhamster gegen bezahlbaren Wohnraum? Wie komme ich persönlich eigentlich zu einer guten Entscheidung? Dazu der hr1 Zuspruch von Pfarrer Christoph Wildfang aus Arnoldshain.

„Sind Sie für den Schutz der Artenvielfalt?“ Da antworten viele: „Ja unbedingt!“ „Sind Sie für den Bau bezahlbarer Wohnungen?“ Da lautet die Antwort ebenfalls: „Aber klar!“

Doch was ist, wenn das eine auf Kosten des anderen geht? So ist das gerade im Frankfurter Stadtteil Sindlingen. Da verzichtet die Stadt vorerst auf ein Wohnbaugebiet - aus Rücksicht auf Feldhamster. Die sind europaweit vom  Aussterben bedroht.

Früher konnte man den niedlichen Nager mit schwarzem Brustfell und weißen Bäckchen in vielen Frankfurter Ortsteilen sehen. Heute nur noch in wenigen Gebieten in Hessen: um Friedberg, Trebur – und eben Sindlingen. Dort war eigentlich ein Baugebiet geplant. Bis zu 2000 Wohnungen. Bezahlbare. Ein Widerspruch: Zwischen Naturschutz und der sozialen Aufgabe, Wohnungsmangel zu beheben.

Wie kommt man in so einer Frage zu einer Entscheidung? Aus dem Bauch heraus? Aus meinen eigenen privaten Interessen heraus? Welche Werte spielen mit?

Da gibt es eine Drei-Finger-Regel. Erstens: Problemfeststellung. Ich muss mir die Situation genau anschauen. Dann kommt zweitens der spannende Punkt: die Verhaltensalternativen. Welche Möglichkeiten habe ich? Ich muss dabei auch überlegen, welche Folgen mein Handeln hat.

Also bei den Feldhamstern: Man könnte sie umsiedeln. Aber werden sie in der neuen Umgebung überleben? Es gibt da Erfahrungswerte. Die kleinen Nager vertragen das nicht. Selbst, wenn das Fangen klappt. Sie sind an einem neuen Ort verwirrt. Leichte Beute für ihre natürlichen Feinde.

Auf der anderen Seite: Gut, wenn Menschen Wohnraum bekommen, den sie bezahlen können. Die Warteschlangen für günstige Wohnungen sind lang. Zur Phase 2 meiner Entscheidungsfindung gehört also auch, dass ich meine Werte und Normen sichte – soziale Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.

Dann kommt die Nummer 3 der Drei-Finger-Regel: die Entscheidung. Ich mache das so: Ich schreibe bei Entscheidungen alle meine Gedanken auf. Ordne. Die perfekte Entscheidung, die allem gerecht wird, gibt es leider selten. Aber es hilft, mir bewusst zu machen: Wofür entscheide ich mich – und wogegen? Wirklich knifflig. Darum Respekt für die Verantwortlichen in Sindlingen, die entscheiden müssen! Ich persönlich würde sagen: Der Feldhamster soll leben.

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