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Aleppo - Stadt der Zukunft
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Aleppo - Stadt der Zukunft

Dr. Ursula Schoen
Ein Beitrag von Dr. Ursula Schoen, Prodekanin, Evangelisches Stadtdekanat Frankfurt
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Die Stadt Aleppo in Syrien ist in den letzten Jahren zum Bild der Zerstörung geworden. Menschen kämpfen in ihren beschädigten und zerstörten Häusern ums Überleben. Ganze Teile der Stadt sind durch den Krieg zerstört worden. Insbesondere auch die historische Altstadt. Aber im Lauf der Geschichte wurde Aleppo nicht nur wiederholt zerstört, sondern auch wieder aufgebaut.

Ein Satz aus einem Zeitungsbericht hat mich neugierig gemacht: „Während das syrische Aleppo in Trümmern versinkt, planen Wissenschaftler und Flüchtlinge bereits den Wiederaufbau“. (Frankfurter Rundschau 25.2.2016, S.3) Ich lese weiter: Das Team, das dieses Projekt plant, hat sich gefragt: Wenn der Krieg morgen endet, wie soll Aleppo wiederaufgebaut werden?  Sie meinen: „Je früher wir uns Gedanken darüber machen, umso besser ist das später für die Stadt.“ Eine Website macht es möglich, heute schon vom neuen Aleppo zu träumen. Ja, richtig aktiv daran mitzuplanen. Vor allem die sollen mitmachen, die aus Aleppo geflohen sind und im Ausland leben, also in der Fremde. Sie sollen Wünsche und Visionen zum Wiederaufbau ihrer Heimatstadt äußern. Sie sollen ihre Erinnerungen sammeln und ihre Kenntnisse einbringen. Damit das neue Aleppo wieder Heimat wird wie früher. Ein Knotenpunkt vieler Handelsrouten. Wohnort für viele Religionen und Kulturen.

Ich stelle mir vor, wie auf dem Reißbrett des Teams langsam diese Stadt entsteht. Wie die Erinnerungen und Wünsche von Tausenden im Bild des neuen Aleppo, der neuen Stadt, zusammenkommen. Die früheren Bewohner und Bewohnerinnen erzählen Geschichten von besonderen Lebensmomenten, die längst vergangen sind. Und von Träumen, die die Zukunft berühren. Sie lassen Wünsche wach werden nach einem neuen friedlichen Leben in ihrer Stadt. Ein neuer Markt zum Beispiel mit reichem Angebot, Tomaten, Gurken, Petersilie, reife Datteln und Granatäpfel.

Auch die Bibel durchzieht der Traum von einer neuen Stadt: Das neue Jerusalem. Im Buch der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, wird davon berichtet. Der Seher Johannes war damals selbst ein Flüchtling und Exilierter. Er träumt von einer neuen Stadt, seiner neuen Stadt.

Das neue Jerusalem ist ein besonderer Ort. Gott selbst hält über ihn seine Hand. Das lässt ihn zum großen Bild der Hoffnung für alle werden, zum Ort des Friedens und der Versöhnung, für das Leben in Hülle und Fülle. Diese Stadt ist das Hoffnungsbild. Es gibt neue Lebensenergie. Eine neue Schöpfung aus den Trümmern.

Den Menschen aus Aleppo geht es vielleicht ähnlich wie damals dem Seher Johannes, als er seine Vision von Jerusalem aufgeschrieben hat. Sie können durch das Projekt von ihrem neuen Aleppo träumen. Heute weiß niemand, wann der Bürgerkrieg in Syrien enden wird. Wieviel Kummer Menschen bis dahin noch aushalten müssen, wie viele Städte in Syrien noch zerstört werden. Angesichts des Durchhaltevermögens des Assad-Regimes erscheint dieses Projekt als unrealistisch. Und trotzdem: Der Gedanke an das neue Aleppo beflügelt und gibt neue Energie. Durchzuhalten für einen langen Weg bis zum Waffenstillstand. 

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