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Beten – alles andere als selbstverständlich
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Beten – alles andere als selbstverständlich

Alexander Matschak
Ein Beitrag von Alexander Matschak, Medienkoordinator des Bistums Mainz

Es ist schon ein paar Jahre her. Meine Tochter war noch klein, vielleicht drei Jahre alt. Ich habe sie am Abend ins Bett gebracht, war aber ein bisschen in Eile. Nach dem Schlaflied und dem Gute-Nacht-Kuss bin ich aus ihrem Zimmer gegangen, habe die Türe zugemacht. Kurz danach kommt sie in die Küche gelaufen und sagt: „Papa, noch beten!“ Stimmt: Das hatte ich in der Eile ganz vergessen. Denn jeden Abend beten meine Frau und ich mit unseren Kindern vor dem Schlafen. Das gehört ganz selbstverständlich zu unserem Abendritual.

Das selbstverständliche Beten: Das ist bei mir nicht immer so gewesen. Klar: Ich habe als Jugendlicher in der Kirche gebetet, auch mal ein Stoßgebet, vor allem vor Klassenarbeiten oder Klausuren. Aber so richtig eingebettet in meinen Alltag war es nicht. Geändert hat sich das für mich erst, als ich die Familie meiner Frau kennengelernt habe. Dort war das Beten Teil des Tagesablaufs. Und ganz besonders erinnere ich mich da an meinen Schwiegervater. Er hat vor und nach den Mahlzeiten gebetet; auch immer am Morgen, bevor er an die Arbeit ging; oder sogar im Auto, wenn er sich auf eine längere Reise aufgemacht hat. Das hat auf mich nie frömmelnd oder aufgesetzt gewirkt. Es hat für ihn ganz einfach dazu gehört. Er hat seinen Alltag mit Gott verbunden, er hat Gott gelobt, ihn tagtäglich um Schutz und Beistand gebeten.

Mein Schwiegervater und sein tägliches Beten: Auf manchen wirkt das sicher ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Aber andererseits scheint Beten immer noch „in“ zu sein. Laut der Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts betet über die Hälfte aller Deutschen. Jeder fünfte sogar regelmäßig. Allerdings erlebe ich es ganz selten, dass Freunde oder Kollegen sagen: „Ich bete.“ Selbst unter denen, die an Gott glauben, wird übers Beten nicht viel geredet.

Mir ist das Beten wichtig geworden. Es ist für mich eine Kontaktaufnahme mit Gott. Denn ich erlebe das Beten so: Vor Gott muss ich mich nicht verstellen. Da kann ich sein wie will. Ihm kann ich alle meine Ängste und Sorgen mitteilen. Aber auch meinen Dank und meine Freude. Mal bete ich ganz frei. Mal bin ich dankbar für die vielen festen Gebete, die es in der Kirche gibt. Für mich wirkt Beten – selbst, wenn nicht alle Gebete erhört werden. Aber es tut mir immer gut, mit Gott zu reden.

Der Theologe Jörg Zink hat einmal einen wunderbaren Text über das Beten geschrieben. Er lautet: „Ewiger, heiliger, geheimnisreicher Gott. Ich komme zu dir. Ich möchte dich hören, dir antworten. Vertrauen möchte ich dir und dich lieben, dich und alle deine Geschöpfe. Dir in die Hände lege ich Sorge, Zweifel und Angst. Ich bringe keinen Glauben und habe keinen Frieden. Nimm mich auf! Sei bei mir, damit ich bei dir bin, Tag um Tag. Führe mich, damit ich dich finde und deine Barmherzigkeit. Dir will ich gehören, dir will ich danken, dich will ich rühmen, dich, mein Gott.“

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