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Kleiner Bleistift
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Kleiner Bleistift

Daniel Lenski
Ein Beitrag von Daniel Lenski, Evangelischer Pfarrer, Königstein-Falkenstein
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Die Geschichte vom kleinen Bleistift hat mich nachdenklich gemacht. Sie stammt von Arun Gandhi, dem Enkel des berühmten Mahatma Gandhi. Arun ist zeitweise bei seinem Großvater aufgewachsen. An einem Tag kam der junge Arun am Ende eines Schuljahres nach Hause. Der Bleistift, mit dem er in der Schule geschrieben hat, war immer kleiner geworden.

Er dachte sich: Nach so langer Zeit habe ich mir einen größeren Bleistift verdient. Einen großen, wie ihn auch meine Mitschüler haben. Er wirft seinen kleinen Bleistift auf die Erde und geht ins Haus. Am Abend bittet er seinen Großvater Mahatma Gandhi um einen neuen großen Bleistift. Dieser schaut ihn verwundert an.

Anstatt ihm einen neuen Stift zu geben, sagt Mahatma Gandhi seinem Enkel: Such den alten! Der kleine Arun denkt, sein Großvater macht Scherze. Schließlich ist es dunkel geworden, und wo genau er den Stift hingeworfen hat, weiß er nicht mehr. Aber Großvater Mahatma drückt ihm eine Taschenlampe in die Hand und trägt ihm auf, den Stift zu suchen.

Zwei Stunden braucht Arun, bis er den kleinen Stummel in der Dunkelheit auf der Erde findet. Als er ihn ins Haus bringt, beginnt Mahatma Gandhi mit der eigentlichen Lektion: Weißt du, sagt er zu seinem Enkel, in diesem Bleistift stecken die Ressourcen unserer Erde. Bäume sind dafür gefällt, Graphit gepresst worden.

Wenn wir diese Gabe der Natur unbeachtet wegwerfen, tun wir unserer Schöpfung Gewalt an. Außerdem haben Menschen daran gearbeitet. Wenn wir die Mühe ihrer Arbeit grundlos zerstören, tun wir auch ihnen Gewalt an.

Die Geschichte vom kleinen Bleistift macht mich nachdenklich. Bei ihr geht es um die Ressourcen der Schöpfung und die Gegenstände, die Menschen daraus machen. Ich blicke auf meinen eigenen Papierkorb mit der Zeitung von letzter Woche. Mein Blick auf das Altpapier verändert sich auf einmal, wenn ich mich frage, wie der Baum ausgesehen hat, der dafür sein Holz hergeben musste. Und wie viele Menschen das Papier bereits in der Hand gehalten haben, bis es zur Zeitung wurde.

Dem kleinen Arun Gandhi wurde sein Bleistiftstummel mit der Zeit immer wichtiger. Auch mir tut es gut, eine andere Beziehung zu den Gegenständen meines Alltags aufzubauen. Das hilft mir, ihren Wert neu wertzuschätzen.

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