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Heilsame Musik
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Heilsame Musik

Dr. Anke Spory
Ein Beitrag von Dr. Anke Spory, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim

Seit einem halben Jahr ist Herr Scholz wieder zu Hause. Er war einige Wochen in der Klinik. Seine Hausärztin hatte ihn erst mehrmals krankgeschrieben. Dann hat sie zu ihm gesagt: „Sie haben eine Depression. Gehen Sie in eine Klinik, Sie brauchen Hilfe.“

Herr Scholz hat erst widersprochen. „Ich kann doch nicht einfach ausfallen, was sollen meine Kollegen denken?“ Aber er hat selbst gemerkt: So kann es nicht weiter gehen. Schon beim Aufwachen hat er gespürt: Ich würde am liebsten liegenbleiben. Selbst der Gedanke aufzustehen und sich anzuziehen war ihm zu anstrengend. Und das, was im Büro auf ihn wartete: Ein Grauen, darüber überhaupt nachzudenken!

„Wissen Sie“, sagt er, als er mir davon erzählt, „ich glaube, die Klinik war das Beste, was ich tun konnte. Ich habe in der Klinik meine Freude an der Musik wieder gefunden. Ich spüre mich wieder. Ich habe gemerkt, wie viel in mir verschüttet war. Und ich habe gelernt, meine Gefühle mit der Musik auszudrücken. Am zweiten Wochenende habe ich meine Frau gebeten, mir meine Gitarre mitzubringen. Die hat jahrelang im Wohnzimmer vor sich hingestaubt.“

Musik kann heilsam sein. Davon erzählt eine Geschichte in der Bibel. König Saul ist von einem bösen Geist besessen. Heute würden wir sagen, er litt unter einer Depression. Er ist erschöpft, traurig und seinen Gefühlen hilflos ausgeliefert. Die Leute um ihn herum wissen keinen Rat. Aber einer hat eine Idee: „Wir müssen einen suchen, der für Saul Musik macht. Vielleicht wird es dann besser, vielleicht hellt sich sein Gemüt dann auf.“ Sie finden den kleinen David. Mit seiner Harfe spielt er für Saul. Das Wunder geschieht: Wenn Davids Töne erklingen, geht es Saul besser. Es wurde ihm leichter, so erzählt es die Bibel.

Depressionen können viele Ursachen haben. Wer darunter leidet, weiß, wie schwer und dunkel sich das Leben dann anfühlt. Gut, dass es Medikamente gibt, Depressionen zu behandeln. Wichtig auch, Menschen in die Lage zu versetzen, selbst zu ihrer Heilung beizutragen. Das kann die Musik sein. Aber auch wer sich bewegt, malt oder schreibt, kann wieder einen Zugang zu sich selbst finden. Seine eigenen Ressourcen entdecken und seelisch gesund werden.

Herr Scholz hat die Erfahrung gemacht, wie heilsam es ist, dass andere wissen, wie es ihm geht. Die Therapeuten und Ärzte haben ihm vermittelt, dass sie die Krankheit kennen und sie kein Hirngespinst ist. Der Weg in den Alltag war langwierig. Einiges hat er in seinem Leben danach geändert. Für sein neues Hobby hat er sich vom Chef die Zeit erkämpfen müssen. Seit neuestem singt er im Kirchenchor. „Denn wissen Sie“, sagt er, „ich habe gemerkt, wie wichtig mir die Musik ist. Wie heilsam sie für mich ist. Und Musik mit anderen zusammen zu machen, ist noch viel schöner.“

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