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Güte ist besser als Gerechtigkeit
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Güte ist besser als Gerechtigkeit

Uwe Groß
Ein Beitrag von Uwe Groß, Katholischer Diakon, Pfarrei St. Peter und Paul, Wiesbaden
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„Gerechtigkeit gibt es in der Hölle, im Himmel aber gibt es Gnade.“ Über diesen Satz von Gertrud von le Fort musste ich erst einmal nachdenken, als ich ihn bei einer Predigtvorbereitung las. Geht es bei Gott nicht gerade um Gerechtigkeit? In der Bibel gibt es dazu eine Geschichte, die etwas von der Gerechtigkeit Gottes erzählt. Es ist die Geschichte der Arbeiter im Weinberg (Matthäus 20,1-16).

Der Gutsbesitzer wirbt Arbeiter für seinen Weinberg an

Jesus erzählt, wie ein Gutsbesitzer morgens um sechs Uhr auf die Straße geht, um Arbeitslose für seine Arbeit im Weinberg anzuwerben. Der Gutsbesitzer findet Arbeiter und sagt ihnen als Gehalt einen Denar zu, das entspricht heute etwa fünfzig Euro. Die Arbeiter sind einverstanden. Um neun Uhr geht der Gutsbesitzer wieder auf die Straße, er findet noch immer Menschen, die Arbeit suchen, er sagt auch ihnen einen Denar für die Arbeit im Weinberg zu. Um zwölf Uhr und um 15 Uhr geht der Gutsbesitzer noch einmal auf den Markt. Die Arbeit ist zu viel für die bisher angestellten Arbeiter. Er findet wieder willige Arbeitskräfte und sagt auch ihnen den gleichen Lohn von einem Dinar für die Mühe bis zum Abend zu. Eine Stunde vor Arbeitsschluss, sieht der Gutsbesitzer immer noch Menschen auf der Straße, die Arbeit suchen. Er sagt zu ihnen: Wenn ihr euch etwas verdienen wollt, dann könnt auch ihr noch in meinen Weinberg gehen.

Das ist nicht gerecht!

Wie es früher üblich war, wurde allen Arbeitern noch am selben Abend ihr Lohn ausbezahlt. Der Gutsbesitzer begann bei den Letzten, die gerade einmal eine Stunde gearbeitet hatten. Er gab ihnen einen Denar. Auch denen, die drei, die sechs, die neun und die zwölf Stunden gearbeitet hatten, gab er einen Denar. Einige Arbeiter wurden wütend und beschwerten sich. Sie sagten: „Das ist nicht gerecht. Manche von uns haben zwölf Stunden gearbeitet und bekommen dasselbe, wie diejenigen, die erst um fünf Uhr gekommen sind und nur eine Stunde gearbeitet haben.“

Gilt hier nicht: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Der Gutsbesitzer antwortete: „Ich habe mit euch am Morgen einen Denar vereinbart. Ihr habt zugestimmt. Wenn ich jetzt den anderen dasselbe gebe, was geht das euch an? Kann ich mit meinem Geld nicht machen, was ich will?

Gott schaut nicht auf die Leistungen, sondern darauf, was jeder braucht

Jesus hat dieses Gleichnis erzählt, weil er sagen wollte: Gerechtigkeit bei Gott ist etwas anderes als bei Menschen. Bei Gott gilt nicht: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Bei Gott gilt: Verständnis und Güte für den, der erst am Schluss kommt. Ich kann die Arbeiter, die sich beschweren, gut verstehen. Vermutlich würde ich genauso reagieren. Ich finde das auch nicht gerecht. Ich verstehe Jesus mit seinem Gleichnis so: Es gibt etwas Wichtigeres als Gerechtigkeit. Wichtiger als Gerechtigkeit sind Großzügigkeit und Güte. „Gerechtigkeit gibt es in der Hölle, im Himmel aber gibt es Gnade“. Gott sei Dank schaut Gott nicht auf meine Leistungen, sondern hat großzügig im Blick, was jeder einzelne braucht.

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