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Geh mit Gott
Jonny Easton/Pixabay

Geh mit Gott

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Maik schreibt seiner Tante eine SMS: „Hast du morgen Nachmittag Zeit für mich? Ich muss mal reden.“ Vielleicht kann sie mir weiterhelfen, denkt sich Maik. Schließlich kennt sie uns beide, meine Mutter und mich am allerbesten. Ich brauche einfach jemanden, der mich versteht. Was soll ich nur machen?

Eigentlich ist Maik ein Glückspilz. Sein Chef hat ihm eine Stelle als Abteilungsleiter angeboten. „Sie sind der Richtige für den Posten! Ich möchte, dass sie das da im Süden machen.“ Maik müsste für die neue Stelle nach Spanien gehen. Sein bisheriges Leben müsste er also zurücklassen: Die vertrauten Arbeitskollegen, Freunde, den Kirchenvorstand, wo er gerne mitarbeitet. Vor allem: Soll er das seiner Mutter wirklich antun? Nach dem Tod des Vaters hat sie sich doch sehr an ihn geklammert. „Wenn ich dich nicht hätte!“ Diesen Satz hört er tagein und tagaus.

Maik hat ein schlechtes Gewissen. Sein Kopf sagt: Na klar, dass machst du, da greifst du zu. Das Herz sagt: Du darfst die Mutter nicht im Stich lassen. Sie hat doch nur dich. Schließlich haben sich die beiden immer gegenseitig getröstet und gestützt. Das soll jetzt einfach vorbei sein?
Maik muss sich entscheiden. Soll er so weitermachen wie bisher? Oder soll er aufbrechen in ein neues Land?

Vor der Frage, ob sie etwas Neues wagen sollen oder lieber im sicheren Hafen bleiben, standen Menschen schon in allen Zeiten. Davon erzählt auch die Bibel, die für mich ein sehr menschliches Buch ist. Sie kennt das Gefühl, hin- und hergerissen zu sein. Sie erzählt in Geschichten von diesen inneren Konflikten. In einer dieser Erzählungen sagt Gott zu Abraham: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, das ich dir zeigen will.“ Ich „will dich segnen (…) und du sollst ein Segen sein.“ Der biblische Gott begleitet Menschen. Er geht mit ihnen mit. Das gilt für die, die zurückgelassen werden und für die, die aufbrechen wollen.

Maik ist nicht nur auf sich allein gestellt, wenn er sich entscheidet, die neue Stelle in Spanien anzutreten. Nicht von allen guten Geistern verlassen, weil er das aufgibt, was ihm bisher Sicherheit geboten hat. Er weiß sich von Gott begleitet. Und Maiks Mutter? Die wird mit Sicherheit enttäuscht sein, wenn sich ihr „Ein und Alles“ zu neuen Ufern aufmacht. Auch ihr steht ein Neuanfang bevor. Für beide ist dieser Schritt eine Herausforderung.

Als Maik am nächsten Tag bei seiner Tante eintrifft, hat er sich schon entschieden. Er will die neue Stelle annehmen und in die Nähe von Barcelona gehen. „Du schaust doch nach ihr?“ fragt er die Tante. „Das ist mir wichtig, auch wenn ich weiß, dass wir mit Gott unterwegs sind.“

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