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Eine heilige Kirche?
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Eine heilige Kirche?

Dr. Klaus Dorn
Ein Beitrag von Dr. Klaus Dorn, em. Dozent am Kath.-Theol. Seminar, Marburg
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„Unsere Kirche war und ist nicht so heilig,wie sich das manche einreden und nach außen behaupten“, sagte vor einigen Tagen ein hoher Würdenträger aus dem Bistum Essen in der Öffentlichkeit.  Es dürfe nicht aus dem Blick geraten, dass weder Taufe noch Weihe uns zu besseren Menschen machen. In der Tat ist es verwunderlich, wie man angesichts einer bisweilen zutiefst unheiligen Kirchengeschichte von der Heiligkeit der Kirche sprechen kann. Die Kirche als solche ist heilig, bekommt man zu hören, wenn man einmal kritisch nachfragt. Es seien nur die einzelnen Mitglieder, die sich versündigen und in Schuld geraten.

Derartige Aussagen finden sich nicht erst in neuerer Zeit. Dergleichen hörte man auch schon, als es darum ging, die Nazivergangenheit der Kirche aufzuarbeiten. Bei den einzelnen Mitgliedern, die schuldig geworden waren, meint man Geistliche und Würdenträger. Die einfachen Gläubigen sind ja sowieso mehr oder weniger ständig in Schuld verstrickt.  Aber: Ist die Kirche denn nicht die Gemeinschaft der Gläubigen? Trägt nicht jeder Einzelne zum Erscheinungsbild des Ganzen bei? Wie sollte denn eine Kirche ohne die Menschen aussehen? Wenn ich derartige Aussprüche höre, von einer Kirche, die unantastbar ist und deren Heiligkeit durch nichts zu beeinträchtigen ist, frage ich mich schon, wie das zu verstehen ist. Die Kirche sei ein Ursakrament, wird dann gesagt. Und was soll das sein? Mir kommt der Verdacht, dass hier ein Konstrukt erstellt wird um die Lehren der Kirche und ihre Struktur unangreifbar zu machen. Das kann auch dazu verwendet werden, um Deutungshoheit und damit auch Macht zu garantieren. Aber das alles funktioniert nicht mehr so gut wie früher. Es bröckelt an den Fassaden und auch das Dach hält dem Zahn der Zeit nicht für immer stand. Der Wind der Gegenwart hat so manche Ziegel herunter gefegt und etliche Fensterscheiben eingedrückt. Und jetzt liegt sie plötzlich bloß, diese Struktur.  Soweit ich die Heilige Schrift des Neuen Testaments kenne, steht da vieles geschrieben, wie sich der einzelne Mensch gegenüber seinen Mitmenschen verhalten soll. Dies sollte er umso besser können, weil der Vater die Schuld eines jeden auf Null zurückgesetzt hat. Umso unbefangener müsste man eigentlich in der Lage sein, nach Jesu Weisung zu leben. Jeder Mensch. Diese Weisungen sind ja zum Teil durchaus auch auf heute anwendbar. Werde Du deinem Mitmenschen zum Nächsten. Versuche nicht, den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen, sondern kümmere dich erst einmal um den Balken, den Du vor deinem Auge hast. Es ist leicht, in der Fürbitte zu beten: Herr beseitige den Hunger in der Welt. Selbst mit den eigenen schwachen Kräften mitzuhelfen ist da weitaus schwieriger. Die Kirche ist so heilig wie ihre Mitglieder, auch wenn es die Kirche Gottes ist.

Taufe oder Weihe sind keine Selbstläufer, sondern Verpflichtung. Und das für jeden neuen Tag.

 

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