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Vom Säen und Ernten

Vom Säen und Ernten

Ein Beitrag von Janine Knoop-Bauer, Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Neulich durfte ich einen Nachmittag lang im Kindergarten arbeiten. Die Gruppe war aus Personalmangel unterbesetzt. Damit wir den Betrieb nicht einstellen mussten, hatten einige Eltern sich bereit erklärt einzuspringen und da wollte ich als Pfarrerin nicht fehlen. Es hat mir gefallen, Zeit mit den Kindern zu verbringen. Aber noch viel wichtiger war, dass ich die Arbeit der Erzieherin in einem kleinen Ausschnitt einmal richtig wahrnehmen konnte. Und da ist mir noch bewusster geworden, welche wichtige Arbeit da täglich geleistet wird.

Wie liebevoll und zugewandt die Erzieherin mit den Kindern umgegangen ist! Auch dann noch, wenn ich längst die Geduld verloren hätte. Zwanzig Kinder sind in ihrer Gruppe. Zwischen drei und sechs Jahren alt. Jedes einzelne möchte wahrgenommen und beachtet werden. Jedes bringt eine Geschichte mit und jedes hat unterschiedliche Bedürfnisse.

Und mittendrin die Erzieherin. Sie hört zu und tröstet. Sortiert und ordnet. Hilft beim Ausschneiden ebenso wie beim Toilettengang. Sie muss gute Antennen haben, denn viele der Kinder können ihre Anliegen noch nicht so leicht in Worte fassen. Und sie muss gut mit Stimmungen umgehen können – mit Freude ebenso wie mit Frust und Trotz, Wut und Traurigkeit. Denn Kinder leben ihre Gefühle oft ganz ungefiltert. Und sie ist das erste Gegenüber.

Und egal, ob es fröhlich ist oder wütend: die Erzieherin bleibt dem Kind zugewandt. Versucht es einzubinden und in die Gruppe zu integrieren. Begleitet es auf dem Weg ins Leben.

Das Gleichnis vom Sämann passt dazu, das. Jesus erzählt. Damit erklärt er seinen Freunden und Freundinnen, wie das Wort Gottes zu den Menschen kommt. Der Sämann schreitet langsam über das Feld. Dabei nimmt er Händeweise Samen und streut ihn auf das Land. Er zählt die Körner nicht ab, sondern sät üppig. Es ist genug Saatgut da. Er braucht nicht zusparen. Die Samen fallen auf unterschiedlichen Boden. Die einen gehen auf und bringen Frucht, die anderen nicht. Aber am Ende ist die Ernte überwältigend groß.

Der Sämann ist ein bisschen wie die Erzieherin im Kindergarten. Sät sie nicht auch Tag täglich etwas aus in ihrem Gruppenraum? Sie hofft auch, dass etwas von dem aufgeht und Frucht trägt, was sie dort austeilt. Und wie der Sämann hat auch sie mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten zu tun. Manche Kinder sind richtig harte Brocken. Andere wirken so, als ob sie ganz verstrickt sind in das Dornengestrüpp ihrer familiären Umstände. Andere wirken frisch und offen, wie fruchtbare Erde.

Aber die Erzieherin spart kein Kind aus. Genau wie der Sämann kein Gelände ausspart. Sie verteilt gleichmäßig unter den Kindern, was sie zu geben hat an guten Worten und liebevollen Gesten. Und das ist gut so. Denn wer kann den schon beurteilen, ob nicht gerade die härtesten Bröckchen den Keim von Freundlichkeit und Respekt mit sich nehmen und er in ihrem Leben aufgehen wird. Hoffentlich wird die Ernte auch überwältigend groß.

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