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Selfie-Unfälle
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Selfie-Unfälle

Dr. Peter-Felix Ruelius
Ein Beitrag von Dr. Peter-Felix Ruelius, Leiter ZB Christliche Unternehmenskultur & Ethik bei der BBT-Gruppe, Koblenz

Darin, Selfies zu machen, bin ich nicht gut. Entweder ich gucke verkrampft. Oder mein Gesicht ist zu sehr von unten fotografiert. Oder zu sehr von oben. Oder der Hintergrund stimmt nicht so, wie ich mir das denke. Auf jeden Fall: Nicht so mein Ding. Vielleicht ist das mein Glück. Im vergangenen Jahr hat eine Studie alle Selfie-Todesfälle zusammengezählt. Immerhin 259 Menschen sind zwischen 2011 und 2017 beim Aufnehmen von Selfies ums Leben gekommen. Es ist wirklich nicht ungefährlich, wenn man in riskanten Situationen den perfekten Moment für ein Selfie entdeckt.

Wer vor der Erfindung der Fotografie ein Bild von sich besaß, der war entweder besonders wichtig oder besonders reich oder beides. Schon Schnappschüsse aus dem Jahrhundert der analogen Fotografie haben das verändert. Und erst recht die digitale Fotografie und das Fotografieren mit dem Smartphone. Wahrscheinlich gibt es auf der Welt kaum noch jemanden, der kein Bild von sich hat. Und wenn niemand mich fotografieren will, dann mache ich eben ein Selfie. Und dann habe ich ein Bild von mir. Gute Porträtfotografen wissen, dass das ja alles andere als einfach ist. Technik, Licht und Bildaufteilung sind das Handwerkszeug. Aber dann kommt noch etwas hinzu: Eine Beziehung zwischen dem Fotografen und dem Porträtierten. Erst sie ermöglicht, dass jemand in einem winzigen Moment so sichtbar wird, wie es ihm entspricht. Wenn ein Porträt gelungen ist, dann hält es etwas von der Seele des Menschen fest. Wer ein gutes Porträt eines Menschen macht, muss mit Güte und einem tiefen Verständnis hinter der Kamera stehen. In einem Gedicht von Hilde Domin heißt es: Es gibt dich/ weil Augen dich wollen/ dich ansehn und sagen/ dass es dich gibt.

Auch wenn es nicht um Fotografie geht, steht dahinter ja eine tiefe Wirklichkeit. Der Blick anderer Menschen auf mich bewirkt etwas. Im Idealfall erlebe ich, dass ich mich in einem Blick ausruhen kann, weil der Blick gütig und verstehend ist. Weil er mich nicht beobachtet, sondern wahrnimmt. Und das schafft kein Selfie. Der gute Blick anderer Menschen lässt mich leben.

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