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Klaps oder Pusten
Bildquelle: Bill Kasman/Pixabay

Klaps oder Pusten

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
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Der Kleine lacht sich weg. Zuckt und biegt sich vor Lachen. Ein ums andere Mal. Wer es beobachtet lacht sofort mit.

Er sitzt mit seinem knappen Jahr auf dem Schoß des Vaters. Und der pustet ihm immer mal Luft in den Nacken. Das kitzelt und macht dem kleinen Mann sichtlich Spaß. Er kann gar nicht genug kriegen. Kaum sitzt er wieder einigermaßen gerade, wartet er förmlich auf Papas nächsten Atemhauch. Die Augen zwinkern schon begeistert gespannt.

So ähnlich stellten sich Zeit Menschen im alten Israel die Erschaffung des Menschen vor. Auf den ersten Bibelseiten liest man: Gott formt ihn erst liebevoll und pustet ihn dann sanft an – und Leben durchströmt sein Menschenkind. Seit ich den Kleinen auf dem Schoß seines Vaters vor Augen habe, denke ich: Die Bibel will sagen, das Menschenleben beginnt mit einem Lächeln!

Also genaugenommen ganz anders als es mir meine Mutter von meiner Geburt erzählte: Ich habe nach der Geburt einen Klaps auf den Po bekommen, damit ich erstmal schreie und so durchatme. Also: An den Füßen gehalten, Kopf nach unten, platsch und Weinen! So bin ich ins Leben gestartet. Machte man damals so. Klaps statt Pusten, Tränen statt Lachen.

Die Bildersprache der Bibel gefällt mir um Längen besser als die Fotos aus Kreißsälen der End-Sechziger. Der Bibel geht es auch um eine ganz andere Art der Geburtshilfe: In mir wird lebendig, wie ich mich verstehen darf und soll:

Als Kind Gottes. An seinem langen Atem gibt er mir Teil und beseelt mich. Für Seele und Atem gebraucht die hebräische Sprache des älteren Teils der Bibel das gleiche Wort. Gott hat mich zärtlich ins Leben gehaucht und geliebt. Kitzelt mich wach, damit ich das Leben anlache und gar nicht genug kriegen kann. Und dass ich gespannt bleibe auf seinen nächsten Hauch – wie der Kleine. Denn sein Geist weht weiter. Gibt Rückenwind. Ist eine echte Inspiration. Und das heißt ja wörtlich nichts anderes als „Einhauchung“ oder „Beseelung“.
Den Kleinen höre ich vor meinem inneren Ohr immer noch fröhlich glucksen auf dem Schoß seines Vaters. Und lächle bei der Erinnerung. Vielleicht ja auch, weil ich mich als Kind Gottes so fühle wie er.

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