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Der Leiterwagen
Pixabay/Jan Mallander

Der Leiterwagen

Dr. Ulf Häbel
Ein Beitrag von Dr. Ulf Häbel, Evangelischer Pfarrer, Laubach-Freienseen
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„Was bringst du denn da schon wieder an; wir haben doch schon genug Gerümpel.“ Sagt meine Frau zu mir, als ich einen ollen Leiterwagen in unseren Hof gebracht habe. Den hatte mir jemand aus dem Dorf geschenkt. Das ist ein fast hundert Jahre alter Karren, den früher viele Leute hatten. Damit haben sie im Frühjahr Gartengeräte und Mist in die Gärten gebracht und im Herbst die Ernte nach Hause gefahren.

Ein alter Leiterwagen - zum Wegwerfen zu schade

Der Leiterwagen hat Räder aus Eichenholz und Eisenreifen drauf, reparaturbedürftige Seitenwände. Ein Nachbar hatte ihn in seiner Scheune gefunden. „Den braucht niemand mehr“, hat er gesagt, „aber zum Wegwerfen ist er zu schade.“

Ein Nachkriegskind mit Sammelleidenschaft

So kam ich zum Leiterwagen. Ich bin ein Nachkriegskind mit Sammelleidenschaft. Damals habe ich gelernt: Man wirft nicht alles weg, was rumsteht. Vielleicht kann man das noch einmal gebrauchen. Heb’s auf.

Und jetzt habe ich diesen Leiterwagen. Dazu passt ein Gedicht ein, das mir ein Freund zu meinem fünfzigjährigen Berufsjubiläum geschickt hat:

"Der Leiterwagen"

Ein Leiterwagen - gebaut für Schritttempo,
als die Wege im Dorf noch kurz waren
und der Alltag noch langsam und mühsam war.
Ein Leiterwagen – abgestellt,
weil aus der Zeit gefallen.
Sein Handgriff ist rissig wie die Hände,
die ihn vormals gezogen haben.
Leben heißt unterwegs sein,
Leben heißt Veränderung.
Doch manches bleibt,
wie der Traum von einer gerechten Welt,
wie die Sehnsucht nach einem erfüllten Leben,
Wie die Hoffnung auf Gottes gutes Geleit.

So geht das Gedicht. Ich brauche diese Worte manchmal. So wie den alten Leiterwagen auch.

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