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Das größte aller Wunder

Das größte aller Wunder

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Wenn das kein Wunder ist … Sie sind verheiratet, seit vielen Jahren. Dann wird der Mann krank. Er leidet an Demenz. Seine Sinne geraten durcheinander. Seine eigene Frau erkennt er nicht mehr. Ich hatte ihn verloren, sagt sie. Bis vor zwei Wochen. Auf einmal sagt Bill, aus heiterem Himmel, er habe sich in sie verliebt. Und sie fragt ihn, ob er sie nicht heiraten wolle. Ja, sagt der Mann. Anne kann ihr Glück kaum fassen. Ihr Mann weiß nicht mehr, dass sie verheiratet sind, und - will sie heiraten (focus.de 28.8.2019). Das tun sie vor fünf Tagen. Wenn das kein Wunder ist.

Nein, ich will Demenz nicht schönreden. Die Krankheit kann schrecklich sein: dieses große Vergessen. Ehepartner und Kinder leiden darunter. Und immer die gleichen Fragen. Das ist schlimm. Da kann man verzweifeln an Gott und der Welt. Kaum jemand ist stark genug dafür. Umso schöner ist ein Wunder, wie Licht vom Himmel.

Die Welt ist oft schlimm, das lesen und hören wir. Oder erleben es. Und doch hat sie Glanz, manchmal. Es ist dann wie ein Wunder, kaum zu fassen. Und hat mit Liebe zu tun, mit Nähe und Wärme. Liebe ist ein Zauber für die Welt, für mein Leben. Wir können Schmerz oft nicht ändern; Zweifel nicht wegwischen. Wir können aber auch die sehen, die uns trotzdem verzaubern: der Arzt, die Schwester, die Nachbarn oder Enkel. Ihre Nähe und Wärme sind nie selbstverständlich. Sie sind ein Geschenk des Himmels. Immer. Jeden Tag. Kein Wunder ist größer, als wenn jemand mit mir fühlt.

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