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Dank ist wie Sekt
Bildquelle: Pixabay

Dank ist wie Sekt

Andrea Wöllenstein
Ein Beitrag von Andrea Wöllenstein, Evangelische Pfarrerin, Marburg

Sie haben ihn gerahmt und aufgehängt, gleich neben die Tür des Stationszimmers. Einen Dankesbrief, geschrieben von der Frau eines Patienten, der hier im Krankenhaus zwei Mal gelegen hat nach großen Operationen.
„Ein dickes Dankeschön!“  - ist die Überschrift. Dann werden verschiedene Punkte benannt:

- für die engagierte Fürsorge
- für die Geduld – auch gegenüber aufgeregten Ehefrauen
- für die Professionalität
- für die Ausstrahlung von Optimismus
- für den Humor
- für den ein oder anderen Kaffee

In einem zweiten, davon abgesetzten Abschnitt schreibt sie:
… und all das trotz
- durchweg viel zu dünner Personaldecke
- enormem Arbeitsdruck
- einer Riesenverantwortung

Es folgen ein paar persönliche Worte und dann ganz unten, mit einem Sternchen versehen, die Bemerkung: „Brief an die Geschäftsleitung folgt“.
Ich teile ihren Dank. Genauso habe ich es auch erlebt und gerne „Danke“ gesagt. Aber einen Brief schreiben, ist nochmal etwas anderes. Da hat sich eine Mühe gemacht. Sich Zeit genommen, das auf Papier zu bringen, was andere nur denken. Denn dabei bleibt es oft. Jedenfalls kenne ich das von mir. Ich habe mich über etwas gefreut und ich nehme mir vor: Da rufst du mal an. Du schreibst eine Karte oder zumindest eine Email. Dann kommt etwas dazwischen und noch was – und irgendwann ist der richtige Zeitpunkt vorbei. „Dank ist wie Sekt“, hat jemand einmal gesagt. „Man muss ihn ausschenken, solange er perlt“.
Dass die Schwestern und Pfleger diesen Brief gerahmt und aufgehängt haben, zeigt, wie sehr sie sich darüber gefreut haben. Wahrscheinlich erleben sie es oft anders. Sie haben diesen Beruf gewählt, weil sie für die Menschen da sein wollen. Aber im Alltag erleben sie einen enormen Druck. Sie hören dann: „Jetzt warte ich schon so lange, haben Sie mich vergessen?“
Sicher sagen viele auch „danke“ und legen bei der Entlassung etwas in die Kaffeekasse. Aber dieser Brief hat sie besonders gefreut.
Dank ist nicht schwer und wird doch oft vergessen. Woran liegt das?  Weil er nicht von alleine kommt.  „Wer Dank opfert, der preiset mich“ heißt es in der Bibel (Psalm 50,23) Dank opfern, das ist ein Ausdruck aus einer vergangenen Zeit. Aber er macht deutlich: Ich muss etwas einsetzen, etwas „opfern“, um meinen Dank auf den Weg zu bringen. Mir Zeit nehmen. Meine Fantasie spielen lassen,  damit ich die richtigen Worte oder Gesten finde. Solche „Opfer“, solcher Dank kommt an. Bei den Menschen, denen wir damit Freude machen und bei Gott, den wir mit diesem Dank preisen.

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