Wie selbstverständlich
Ein Mann aus meiner Gemeinde war im letzten Monat schwer krank. Nur eine Operation im letzten Moment hat ihn gerettet. Es war schön und auch bewegend für mich, als er mir vor kurzem im Gemeindehaus entgegen gekommen ist. Er hat mir viel von seiner Krankheit erzählt.
Besonders eine Sache ist mir im Gedächtnis geblieben: Er hat sein Krankenhaus in Frankfurt schwer gelobt. „Rolf, mein Operateur war ein Bosnier“, hat er mir erzählt, „meine Krankenschwester war eine gebürtige Tschechin, mein Assistenzarzt ein Tunesier und meine Anästhesistin hatte Eltern aus Rumänien. Alles war perfekt. Ich verstehe einfach nicht, warum so viele Leute fremdenfeindlich sind.“ Ich finde: Der Mann hat recht. Ich sehe auch in meinem Stadtteil, wie selbstverständlich Menschen mit verschiedenster Herkunft zusammen leben und arbeiten. In der Schule, in der ich unterrichte, lernen Kinder aus über vierzig Nationen. Natürlich gibt es da auch manchmal Konflikte, aber die haben meistens nichts mit der Herkunft der Kinder zu tun. Beim Joggen am Main begegnen mir Menschen in allen Hautfarben. Ich nehme das kaum noch wahr, so selbstverständlich ist das für mich. Und bei der letzten Fußballweltmeisterschaft waren wir eine bunt gemischte Schar von Leuten, die in der Kneipe die deutsche Mannschaft angefeuert haben– leider vergeblich.
Ich will damit nicht wegreden, dass es auch manchmal Probleme gibt. Wie überall auch gibt es auch hier einige Wenige, die Ärger machen, sei es wegen extremer religiöser Ansichten oder weil sie Straftaten begehen. Ich finde: Bei diesen Menschen ist es gut, klare Grenzen aufzuzeigen und, wenn nötig, dagegen etwas zu unternehmen. Denn sie schaden der großen Mehrheit hier bei uns, für die das zusammen Arbeiten, Lernen und Leben seit langem einfach nur eines ist: Selbstverständlich. Gott sei Dank!
