Nicht Abstumpfen
Vor kurzem ist mir was beim Einkaufen passiert, an das ich noch oft zurück denken muss. Ich stand vor einer Bratwurstbude und war tief in mein Smartphone versunken, als mich eine junge Frau fast schüchtern angesprochen hat. „Wo gibt’s hier was zu essen?“, hat sie mich gefragt. Fast schon mechanisch habe ich auf die Bude nebenan gezeigt und geantwortet: „Gleich da drüben gibt’s Bratwurst“. Erst als sie dann die paar Schritte zu dem Stand hingegangen ist, habe ich gemerkt: Der Frau ging es wohl gar nicht um eine Frage nach dem Weg. Sie hatte Hunger. Und beim genaueren Hinsehen war mir klar: Viel Geld fürs Essen hat sie wohl auch nicht. Was dann passiert ist, hat mich sehr bewegt: Die Bedienung in der Bratwurstbude war wohl aufmerksamer als ich. Sie hat die junge Frau gleich angesprochen: „Hunger?“ – und hat ihr eine Bratwurst mit Pommes hingestellt; ohne Geld von ihr dafür zu verlangen.
Ich hab mich über mich selbst geärgert. Warum bin ich nur so unaufmerksam? Warum merke ich nicht, wenn es jemandem so offensichtlich schlecht geht? Bin ich schon so abgestumpft, dass ich die vielen armen Menschen in meiner Stadt gar nicht mehr bemerke? Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen gehabt! Später, als die Frau schon lange weg gewesen war, bin ich noch mal zu der Bude hin und habe der Bedienung Geld für das Essen der Frau gegeben. Dabei habe ich mich bei ihr für ihre Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft bedankt. Und ich selbst habe mir vorgenommen: Ich will wieder aufmerksamer und hilfsbereiter sein. Ich will wieder lernen, genauer hinzuschauen: Wo geht es Menschen um mich herum nicht gut? Wo kann ich was tun? Ich weiß doch: Manchmal kann schon ein gutes Wort, eine nette Geste oder auch nur etwas Teilen eine echte Hilfe sein. Denn eines will ich nicht: Mich damit abfinden, wenn es Menschen um mich herum schlecht geht!
