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Mut zur Veränderung
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Mut zur Veränderung

Ein Beitrag von Janine Knoop-Bauer, Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Es gibt den Trend schon länger. „Do it yourself!“ – „Selbermachen ist angesagt“. Das hat jetzt auch mich gepackt: Seit einiger Zeit nähe ich wieder. Ich finde es schön, etwas Neues entstehen zu lassen. Etwas, das durch meine Hände geht, von der Idee bis zur Fertigstellung. Beim Nähen habe ich verstanden, dass jeder einzelne Schritt wichtig ist. Ich wähle den Stoff mit Bedacht, messe mit Genauigkeit, schneide mit Präzision und nähe mit Sorgfalt.

Neben einer ordentlichen Nähmaschine und guten Materialien kommt es dabei vor allem auf eine scharfe Schere an. Wird der Stoff mit einer stumpfen Schere geschnitten, dann franst er aus. Er wird fadenscheinig und hält schlecht. Nur wenn der Stoff sauber und gerade geschnitten ist, kann ich ihn nachher wieder so zusammennähen, dass daraus etwas stabiles Neues entsteht.

Saubere Schnitte sind wichtig. Was ich beim Nähen ganz praktisch gelernt habe, begegnet mir auch in anderen Bereichen meines Lebens. Besonders dann, wenn ich mich für oder gegen etwas entscheiden muss. Und das passiert ja oft: Tee oder Kaffee, Rock oder Hose, Auto oder Fahrrad. Bereits früh am Morgen müssen viele Dinge entschieden werden. Wer da klar ist, spart vor allem Zeit. Klar, ich kann diese Fragen auch jeden Tag neu mit mir selbst aushandeln. Das ist nicht weiter schlimm. Nur vielleicht manchmal etwas lästig.

Anders sieht es mit den großen Entscheidungen im Leben aus – Umzüge, Arbeitsplatzwechsel. Dann, wenn ich etwas Neues beginnen will. Oft ist das gar nicht so einfach, weil es damit verbunden ist, sich erst einmal von Altem zu trennen. Und das fällt vielen Menschen schwer. Wie gut wäre da manchmal eine richtig scharfe Schere. Ein sauberer Schnitt – einer, der Altes abtrennt und damit Raum schafft für Neues.

Es gibt viele Gründe, die einen daran hindern können, solche radikalen Schnitte zu vollziehen. Einige davon sind gut und wichtig. Wo ich zum Beispiel Verantwortung für andere Menschen übernommen habe, kann ich nicht auf einmal alles hinwerfen. Aber es gibt auch Gründe, die mich einfach nur blockieren, einen nötigen Schnitt zu tun. Einer davon ist, wenn mir der Mut fehlt. Wenn ich mich für etwas entscheide, dann entscheide ich mich gleichzeitig auch gegen etwas anderes. Es braucht Mut, das auszuhalten. Mut damit umzugehen, wie die Menschen in meinem Umfeld auf meine Entscheidung reagieren. Mut, das Vertraute hinter mir zu lassen und mich auf Unbekanntes einzulassen.

Manchmal ist das so schwer, dass ich mich am liebsten gar nicht entscheiden würde. Aber auch das hat ja Folgen. Stillstand zum Beispiel und das kann noch unangenehmer sein. In solchen Entscheidungsnöten erinnere ich mich an einen Satz, den Jesus zu Menschen sagt, die sich auch nicht recht entscheiden können. Sie stehen vor der Frage, ob sie ihr altes Leben aufgeben sollen, um Jesus nachzufolgen. Im Lukasevangelium sagt Jesus zu den Unentschlossenen: Wer seine Hand an den Pflug legt und schaut zurück, der ist nicht gemacht für das Reich Gottes!

Das ist ein Satz wie eine scharfe Schere. Kompromisslos und hart. Aber ich empfinde ihn auch als entlastend. Vor allem dann, wenn mir der Mut zu Veränderungen fehlt. Wenn ich denke, dass das Alte mehr Recht an meinem Leben hat als das Neue. Jesus sagt: Schau nicht zurück! Da vorne wartet etwas Neues. Dort wartet das Reich Gottes. Lass das Alte los und mach dich auf den Weg. Eine scharfe Schere ist beim Nähen eine Investition die sich lohnt. Ich glaube, im Leben ist es ähnlich. Klare Schnitte können helfen, dass etwas Neues, Stabiles entsteht.

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