Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Mein Platz im Leben
Alain Audet/Pixabay

Mein Platz im Leben

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
Beitrag anhören:

Anton ist nun 7 Jahre alt. Am letzten Samstag hat er seinen Geburtstag gefeiert. 7 Freundinnen und Freunde durfte er einladen. Da war was los! Gut, dass Anton auch seinen Opa eingeladen hatte. Der hat mitgeholfen, die Rasselbande zu beschäftigen. Anton sieht seinen Vater nämlich nicht so oft, weil er in einer anderen Stadt lebt. Deshalb ist es ihm sehr wichtig, dass Opa Jürgen mitmacht. „Was wollen wir denn spielen?“, hat der gefragt. Wie aus der Pistole geschossen kommt die Antwort seines Enkels: „Mein rechter, rechter Platz ist leer. Damit geht es los.“ „In Ordnung, und wie geht das Spiel nochmal?“, fragt sein Opa. „Ein Platz im Kreis ist immer leer. Ich rufe und ein anderer kommt und setzt sich drauf.“

„Was gefällt dir denn so gut daran?“, fragt Opa Jürgen weiter. „Jeder hat seinen Stuhl“, meint Anton. „Das ist super. Und dann kann ich noch bestimmen, wer neben mir sitzt. Aber keiner muss stehen.“
„Ah, dann ist das wichtig für dich?“ „Na klar“, meint Anton, „du hast doch auch deinen Platz auf der Eckbank im Esszimmer.“ Opa Jürgen zuckt mit den Mundwinkeln. „Gut, beobachtet“ Anton“, meint er. „Du bist wirklich ein helles Köpfchen. Hast recht, ich bin wirklich froh, dass ich meinen Platz habe. Den macht mir auch keiner streitig.“

Einen festen Platz in der Familie zu haben, das ist für Anton genauso wichtig wie für seinen Großvater. Ein fester Platz, zum Beispiel am Tisch, das schafft in der Familie Übersicht und beruhigt. Er ordnet das Familienleben und macht das Zusammensein leichter. Ich fühle mich geborgen. Auf Antons Fest ist es natürlich trotzdem ein Riesenspaß, als die Kinder rufen und die Plätze tauschen.

Nachdem der Trubel vorbei ist, fällt Opa Jürgen noch einmal das Gespräch mit Anton ein. Gar nicht so einfach, einen Platz im Leben zu finden, denkt er sich. Oft genug habe ich selber darum kämpfen müssen. Es hat lange gedauert, bis ich glauben konnte: bei Gott ist das anders. Bei Gott muss ich nicht um meinen Platz kämpfen. Niemand kommt und drängelt sich vor. Bei ihm gibt es keinen Platz in der ersten Reihe. Es zählt nicht, wer die besten Ellenbogen hat. Mein Platz ist unabhängig davon, wieviel ich leiste oder welches Ansehen ich genieße.

Indirekt weiß das schon der kleine Anton, wenn er sich darüber freut, dass beim Kreisspiel niemand ohne Stuhlplatz dastehen muss. Opa Jürgen hofft, dass sein Enkel diese Erfahrung irgendwann auch mit Gott in Verbindung bringen kann.
Ich bin überzeugt: sein Großvater hilft ihm, dieses Gottvertrauen zu finden.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren