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Ein Arm täte gut
Bildquelle: Fifaliana Joy/Pixabay

Ein Arm täte gut

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
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Eine gute Bekannte von mir bringt es richtig gut auf den Punkt. Wenn es ihr nicht gut geht und es viel zu lang bräuchte, um die komplette Stimmungslage zu erklären, dann antwortet sie auf die Frage: „Und, wie geht´s?!“ nur ganz kurz mit:
„Ein Arm täte gut!“
Ein Arm täte gut! – das passt bei Vielem. Als Kind war das ja selbstverständlich:
Da haben wir geweint, wenn wir hingefallen sind. Gerne haben wir uns aufheben lassen. „Ich kann nicht mehr!“, habe ich gebrüllt, und dann wurde ich den Rest der Wanderung eingehakt oder sogar auf die Schultern genommen. Da ist man kuscheln gegangen, wenn einen etwas gequält hat. Konnte ich etwas alleine nicht schleppen, habe ich einfach gerufen: „Hilft mir mal einer. Ist zu schwer!“
Dann kam die helfende Hand oder der Arm.
Aber als Erwachsener? Nein. Kuscheln kommt an der Arbeit nicht gut, wenn man Überforderung und Dauerstress spürt. „Ich krieg das nicht hin!“ – Schwäche zeigen ist nicht vorgesehen. Es sei denn, man legt es darauf an, als Versager dazustehen. Auf die Schulter hebt einen schon lange keiner mehr. Sähe ja auch albern aus! Aber für einander etwas schultern, sich unterstützen – das müsste doch salonfähig sein?! Beantworten Sie selbst, ob es das ist. Gehen Sie mal in Gedanken durch, bei wem Sie das Gefühl hätten: „Hier kann ich mich anlehnen!“
„Ein Arm täte gut!“ Ich mag es, wenn meine Bekannte mit diesem Satz sagt, wie es ihr geht und was sie gerade braucht. Sie braucht nicht unbedingt meine Kommentare zu allen ihren Fragen, Sorgen und Gemütsregungen. Lieber eine Umarmung. Und darin liegen ganz oft ganz viele wortlose Antworten – tiefe, berührende.
Die Theologin Dorothee Sölle hat einmal auf den Punkt gebracht: Auch „am Ende der Suche und der Frage nach Gott, steht keine Antwort, sondern eine Umarmung“.
Von ihm selbst. Glaube heißt, sich anlehnen können. Zu vertrauen, dass mir Gott ganz nah ist. Ihm muss ich mich lange erklären.
„Ein Arm täte gut!“ - Es ist keine Schwäche, sondern echt stark, wenn jemand auch als Erwachsener sagen kann: „Ein Arm täte gut!“

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