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Der Novemberhase
Bild: milczewsky_privat

Der Novemberhase

Rolf Müller
Ein Beitrag von Rolf Müller, Pastoralreferent Pfarrei Mariä Himmelfahrt, Frankfurt
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Mein Schreibtisch ist oft von Akten, Dokumenten und Büchern übersät; viel zu selten komme ich dazu, ihn gründlich aufzuräumen. Das hat aber auch Vorteile. Zum Beispiel geht dort nichts so einfach verloren. So, wie der Osterhase aus Schokolade, der dort seit April in einer Ecke steht. Ich habe ihn von Freunden geschenkt bekommen und dann vergessen, ihn zu vernaschen. Jetzt steht er da, verpackt in goldener Folie und manchmal denke ich mir: Er sieht mich mit seinen Schokoladenaugen an.

Er erinnert daran, dass der Tod nicht das letzte Wort hat

Heute, an Allerseelen, bin ich froh, dass er noch da ist. Sein Anblick tut mir gerade in diesen Tagen besonders gut. Wie viele andere, bin auch ich in den letzten Tagen auf dem Friedhof gewesen und habe die Gräber von Verwandten und Freunden besucht. Das berührt mich immer sehr und macht mich auch oft traurig. Das graue Novemberwetter trägt seinen Teil dazu bei. Mein übriggebliebener Osterhase ist da ein echter Farbtupfer. Aber nicht nur das: Er erinnert mich auch an die Botschaft von Ostern. Die heißt für mich: Es wird Leben geben. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Genau das erhoffe ich für die Menschen, die gestorben sind. Auch für meinen Vater, für einen guten alten Freund und für ganz viele andere.

Allerseelen ist auch ein Fest der Hoffnung und Zuversicht

Das katholische Fest „Allerseelen“ ist für mich nicht nur ein Trauer- und Gedächtnistag für die Verstorbenen. Es soll eigentlich auch ein Fest der Hoffnung und Zuversicht sein. In vielen Kirchen gibt es Zeichen dafür, die genau das ausdrücken. In meiner Pfarrkirche werden heute Kerzen für die Menschen aufgestellt, die im letzten Jahr gestorben sind. Sie stehen für Licht, Hoffnung und für Ostern. Denn alle diese Kerzen werden an der großen Osterkerze in der Kirche entzündet.

Der vergessene Osterhase ist mein Hoffnungszeichen

Mein Hoffnungszeichen in diesem Jahr ist aber der „vergessene Osterhase“. Er ist mein „Novemberhase“. Und beim Blick auf das Haltbarkeitsdatum habe ich gesehen: Er ist sogar noch essbar. Nach dem Allerseelengottesdienst werde ich ihn heute noch essen – und Allerseelen als ein Fest der Hoffnung für mich feiern.

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