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Verbrannte Bibel
Stefanie Bernecker - Pfinztal / pixelio.de

Verbrannte Bibel

Daniel Lenski
Ein Beitrag von Daniel Lenski, Evangelischer Pfarrer, Königstein-Falkenstein
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Die Meldung kam aus dem Irak und sie hat mich berührt: In der autonomen Region Kurdistan hat der neue Verkehrsminister seinen Amtseid auf einer verbrannten Bibel abgeleistet. Eine Bibel, die bei Überfällen durch den sogenannten Islamischen Staat schwer beschädigt worden ist.

Ano Abdoka heißt dieser Minister. Er ist der einzige Christ in dem neuen Kabinett, das im Juli in Kurdistan seine Arbeit aufgenommen hat. Die Bibel, die er zu seiner Vereidigung mitgebracht hat, ist 400 Jahre alt. Viele der Seiten sind schwarz vom Feuer, kaum zu lesen.

Mit ihr wollte Abdoka an die „furchtbaren Gräuel“ erinnern, die die Terroristen des IS besonders an Jesiden und Christen verübt haben. In Interviews im Anschluss an seine Vereidigung erinnerte er an die gebeutelten Menschen und an die zerstörten Kirchen im Nordirak.

Die Geste von Ano Abdoka war mutig. Der Minister sagte, er wollte damit ein Zeichen setzen: Christen sind ein wichtiger Bestandteil der Region Kurdistan – und sie werden es auch bleiben. Er selbst ist trotz Gewalt und Verfolgung im Irak geblieben, dem „Land seiner Väter“, wie er es nennt.

Als neuer Verkehrsminister will er am Wiederaufbau dieses Landes mitarbeiten. Er will für bessere Straßen und Busse sorgen, damit zum Beispiel Kinder vom Land endlich die Schule in der Stadt besuchen können.

Das bringt eine Hoffnung zum Ausdruck, die auch in der Bibel steht: „Sucht der Stadt Bestes“ (Jeremia 29,7), ruft der Prophet Jeremia Menschen zu, die sich eine neue Existenz aufbauen müssen. Da steckt drin: Glaubt an die Zukunft, selbst wenn ihr Schlimmes hinter euch habt.

Ano Abdoka hat viel Schlimmes hinter sich. Und doch hat er sich von der Zuversicht der Bibel inspirieren lassen. Seine mutige Geste ist für mich wie ein Hoffnungsschimmer. Sie zeigt mir, wie wichtig es ist, den Glauben an die Zukunft nicht zu verlieren. Eine Zukunft, in der nicht Gewalt und Hass, sondern Liebe und Versöhnung das letzte Wort haben.

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