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Ich will selber!
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Ich will selber!

Martina Patenge
Ein Beitrag von Martina Patenge, Katholische Referentin für Glaubensvertiefung und Spiritualität, Kardinal-Volk-Haus Bingen
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„Ich“ sagt meine jüngste Enkeltochter seit Neuestem, und deutet dann ganz aufgeregt auf sich selbst. Sie hat entdeckt, dass sie eine eigenständige Person ist. Zu den Lieblingsworten gehört jetzt auch „selber“. Mit aller Kraft will sie alles selber können: sich anziehen und Brot bestreichen, die Zähne putzen. Vor allem will sie ihr kleines Köpfchen durchsetzen. Und wenn sie etwas Neues geschafft hat, ist sie so stolz und strahlt. Zu Recht. Wieder ein ganz wichtiger Entwicklungsschritt.

"Ich will und kann selber"

„Ich will selber“ ist auch für uns Erwachsene wichtig. Wir brauchen es, selbstwirksam zu sein. Das brauchen wir für unser Selbstwertgefühl. Für die seelische Gesundheit: Ich bin handlungsfähig - ich kann etwas – ich sorge für mich – ich treffe meine Entscheidungen – ich wähle zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Eben „ich will und kann selber“.

Allerdings wurde dieser Wunsch nach Selbstbestimmung und eigenen Entscheidungen in der Pandemie ziemlich eingebremst. Auf einmal gab es eine Menge Vorschriften, die teilweise sehr genau kontrolliert wurden. Auf eine bis dahin völlig unbekannte Weise haben wir alle große Einschränkungen erleben müssen. „Ich will selber“ hat plötzlich nicht mehr funktioniert. Manchen ist es mächtig schwergefallen, dies zu akzeptieren.

„Zusammen schaffen wir das"

Aber es entstand vielfach auch etwas Neues. Nachbarschaftshilfe zum Beispiel. Weil eben manche nicht selber zurechtkamen und Hilfe brauchten. Nachbarn haben füreinander eingekauft. Musiker und Musikerinnen haben anderen musikalische Freude gemacht, die das Haus nicht mehr verlassen konnten. Die einen wurden aktiv, andere haben die Unterstützung angenommen. Das „Ich will selber“ hat sich verändert. Ich habe oft gehört: „Zusammen schaffen wir das“. Und genauso oft habe ich es auch gesagt. Denn ganz alleine und ganz selber hätte ich es nicht geschafft, diese einsame Zeit so zu überstehen, wie es mir überwiegend gelungen ist. Ich würde mir wünschen, dass einiges davon bleibt. Von der gegenseitigen Hilfe. Von den intensiven Kontakten. Von der Freude darüber, dass ich selber wirklich sehr vieles kann. Aber auch von der tiefen Erfahrung, wie es ist, sich gegenseitig dabei zu helfen und vor allem, sich gegenseitig im Leben zu begleiten.

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