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Ökumenischer hr4 Pfingstmontagsgottesdienst aus Frankfurt
SanktGeorgen_FelixSchmitt

Ökumenischer hr4 Pfingstmontagsgottesdienst aus Frankfurt

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad
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hr4 Ökumenischer Gottesdienst am Pfingstmontag, 1. Juni 2020, 10.05 bis 11.00 Uhr
aus der Seminarkirche der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt

Den Gottesdienst zum Nachhören gibt es auch auf der Gottesdienst-Seite von hr4.de. Einen Beitrag in der hessenschau zum ökumenischen Pfingstmontagsgottesdienst finden Sie in der hessenschau vom 1.6.20 ab Minute 14.

Liturgie und Predigt: Pfarrerin Anne-Katrin Helms und Pater Dr. Ansgar Wucherpfennig S.J. 

Zeuginnen/Fürbitten: Christine Findeis-Dorn, Tanja Di Mauro

Mitwirkende Musik:
Kantorin (Solo-Gesang) / Gesang ("Schola"): Susanne Stierle
Orgel / Gesang ("Schola"): Jakob Mertesacker
Keyboard / Gesang ("Schola"): Lukas Best
Oboe: Thamar Wahlberg
Violine 1: Carolin Brusky
Violine 2 / Gesang ("Schola") / Lesung: Pfarrer Matthias Helms
Gitarre: Pater Klaus Fechtel
Kontrabass: Thore Benz

Musikalische Leitung: Dr. Helmut Föller und Pfarrer Matthias Helms

Kirchliche Redaktion: Beate Hirt, Senderbeauftragte der kath. Kirche beim hr
 

Predigt von Pfarrerin Ann-Katrin Helms und Pater Dr. Ansgar Wucherpfennig:

Pfarrerin Helms:

Liebe Gemeinde hier in der Kirche und am Radio,

erst seit kurzem dürfen wir wieder gemeinsam Gottesdienste in der Kirche feiern. In der Zeit, als wir das wegen der Corona-Pandemie nicht tun konnten, habe ich als Pfarrerin den Gottesdienst aufgeschrieben und hundertzwanzigmal ausgedruckt. Freitag habe ich die Heftchen dann für die Gemeinde in die Briefkästen verteilt. So konnten die Leute sonntags den Gottesdienst von Zuhause feiern.

Eine Frau hat mir erzählt: „Ich mag das nicht, wenn ich den Gottesdienst selber am Sonntag leise vor mich hin lese. Deshalb spreche ich mir den Bibeltext und die Predigt am Samstag auf mein Handy. Am Sonntag spiele ich es ab und höre zu. Ich nehme die Worte dann anders auf, als wenn ich sie nur mit den Augen lese.“

Improvisation Kontrabass

Der Schriftsteller Patrick Roth hat das mal untersucht. Er hat herausgefunden: „Das laut Gelesene schiebt sich (…) in eine Region unseres Hirns, die sonst nur ‚wirklich Erlebtem‘ vorbehalten ist, drängt sich hinein – unser Verstand unterscheidet es kaum mehr -, findet dort Platz.“

Mit den Worten der Bibel ist es auch so. Ich habe das selbst mal ausprobiert. Ich habe das Markusevangelium als Hörbuch gehört. Das war wirklich ein anderes Erlebnis, als wenn ich es nur still vor mich hin lese. Auf einmal war ich selbst Jüngerin und mit Jesus in Galiläa unterwegs. Als das Evangelium zuende war, musste ich mich erst mal schütteln, um mich ins Hier und Jetzt zurückzubringen.

Früher wurde viel laut gelesen, weil gar nicht so viele Menschen selbst lesen konnten. Die Bibel ist eigentlich ein Lautlesebuch. Sie ist fürs Erklingen gemacht. Wenn sie laut gelesen wird, wirkt sie auf mich nicht wie aus fernen Welten, sondern spricht mich persönlich an. Das lateinische Wort „personare“ heißt „durchklingen“. Wenn ich etwas laut höre, dann klingt die Geschichte in mir an und ich bin fast selbst dabei.

So kann ich mich auch für einen anderen Menschen öffnen, wenn ich ihm zuhöre. Ich stelle meine eigene Meinung erst einmal zurück und versuche nicht sofort zu unterbrechen, wenn ich anderer Meinung bin, sondern ich bin bereit, das Gehörte in mich hereinzulassen. Nicht selten fällt mir dann das Wort eines Anderen ins Herz.

Improvisation Keyboard / Violine / Oboe

Pater Wucherpfennig:

Ein Wort fällt ins Herz. Das haben der römische Hauptmann Cornelius, seine Familie, ihre Bediensteten, Nachbarinnen und Nachbarn alle zusammen erlebt. Wir haben das vorhin in der Geschichte aus der Bibel gehört. Bei einer Predigt von Petrus ist das geschehen. Dabei sind ja Predigten längst nicht immer Worte, die einem direkt ins Herz fallen. Zugegeben, Petrus‘ Worte waren keine ganz normale Predigt von der Kanzel oder vom Ambo. Und Petrus war für Kornelius und sein Haus auch kein normaler Prediger. Man sah ihm vermutlich noch an: Er war früher mal ein Fischer aus Galiläa: Seine Kleider waren abgetragen, er trug einen Bart wie ein jüdischer Handwerker vom Land. Petrus gehörte zu denen, über die hohe römische Offiziere unter sich normalerweise die Nase rümpften. Wenn Petrus den Mund aufmachte, kam der Dialekt der einfachen Leute aus Galiläa heraus. Und denen hörten Römer normalerweise nicht zu, aber Cornelius war kein normaler Römer. Er verehrte mit seiner Familie den Gott Israels und war ein Freund der Juden. Cornelius hatte sich schon lange danach gesehnt, dass ein Jude einmal sein Haus besucht.

Und dann steht auf einmal Petrus, dieser Fischer aus Galiläa, vor seiner Tür. Im Nu sind da viele Leute. In dem römischen Offiziersviertel in der Hafenstadt Caesarea ist die fremde Gestalt ein echtes Spektakel. Er macht den Mund auf und sagt in seiner ganzen einfachen Sprache: „Gott liebt alle Menschen, ganz gleich, zu welchem Volk sie gehören, wenn sie ihn nur ernst nehmen und tun, was vor ihm recht ist.“ Das war für sie alle so großartig, sie konnten es nicht fassen. Cornelius hat sofort kapiert: Es kommt für Gott nicht darauf an, welche Herkunft du hast oder wie gebildet du bist oder an welche frommen Regeln du dich genau hältst: Gott macht keine Unterschiede. Gott liebt jeden Menschen. Diese Worte sind in sein Herz gefallen und er hat gespürt: Das ist etwas, das größer ist als er selbst.

Improvisation Kontrabass

Wenn ein Wort mich berührt, so dass ich spüre, da ist etwas, das ist größer als ich, dann glaube ich als Christ: Das hat mit dem Heiligen Geist zu tun. Das hat einen einfachen Grund: Das Wort für „Geist“ bedeutet im Griechischen auch: Atem und Luft. Wie unser ganzes Leben geht auch das Sprechen und Hören nicht ohne Atem und Luft. 

Natürlich braucht es nicht nur Atem und Luft dazu, dass andere zu mir sprechen und dass ich sie verstehe. Auch Technik kann mir helfen; im vergangenen Jahr habe ich mich z. B. endlich entschieden, ein Hörgerät zu tragen, und seitdem erreichen mich die Worte anderer Menschen viel leichter. Aber ich kann mich auch innerlich versperren und verschließen. Dann helfen auch Atem, Luft und das beste Hörgerät nichts. Das gibt es: Menschen können sich manchmal über längere Zeit nicht verstehen, und Menschen können auch Gott manchmal über längere Zeiten in ihrem Leben nicht verstehen. 

Wenn ich spreche, so wie jetzt, dann mache ich Pausen, ich brauche sie, um Atem zu holen. Ich frage mich, ob Gott auch solche Atempausen macht? Vielleicht kann ich deshalb manchmal Gottes Wort nicht hören, weil er gerade nicht spricht, sondern erstmal tief Luft holt. Viele Leute haben den Eindruck, dass Gott gerade nicht mit ihnen spricht. Auch Cornelius, dem römischen Hauptmann aus der Bibel, ging das so. Er hat lange Zeit darauf gewartet, dem Gott Israels zu begegnen und von ihm zu hören. Aber da war Funkstille. Gott war auch dann da, aber Cornelius hat nichts von ihm mitbekommen. Und es liegt auch nicht nur an Cornelius, dass er Gott nicht gehört hat. Es braucht Wartezeiten, um Gott wahrzunehmen.

Pfarrerin Helms:

Manchmal musste ich auch schon lange warten, bis Gott zu mir gesprochen hat. Und wenn ich Gott mal nicht höre, will ich darauf vertrauen: Er hat mich nicht vergessen, sondern nur kurz Atem holt und eine Pause macht.

Und dennoch wünsche ich mir, dass Gott zu mir spricht: Worte, die mich verändern, wie damals den Hauptmann Cornelius. Worte, die mir die Angst vorm Leben nehmen. Worte, die mir Mut machen. Worte, die meine kleine Welt weiten, die mich ahnen lassen, da ist jemand, der größer ist, als ich es bin.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
 

Musik:

Eröffnungslied: GL 140 (mit anderem Text) / EG+ 34 "Komm, Heilger Geist, mit deiner Kraft"
Psalm 96: "Singt dem Herrn ein neues Lied"
Kyrie-Ruf: GL 156 / EG 178.12 "Taizé-Kyrie"
Pfingsthymnus: GL 342 "Komm, Heilger Geist" (vgl. EG 126 "Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist")
Lied: GL 346 "Atme in uns, heiliger Geist"
Halleluja mit Vers: GL 176,2 / EG 181,2
Lied: EG 434 "Schalom Chaverim, Schalom Chaverot"
Lied: "Verleih uns Frieden, gnädiglich" 
Schlusslied: "Schalom, geb ich euch"

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