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Frohe Arbeit
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Frohe Arbeit

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
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Das war nicht leicht. Erklären Sie mal einem hier lebenden syrischen Flüchtling den „Tag der Arbeit“! Der heißt so – und dann wird nicht gearbeitet, sondern frei gemacht.

Das war mir als Jugendlichem auch immer eine Frage. Tag der Arbeit? Freihaben fand ich als Schüler gut. Aber die Bilder abends im Fernsehen mit Straßenschlachten in Berlin-Kreuzberg. Scheinbar bekam das Freihaben nicht jedem gut. Und die Polizisten? Die hatten doppelt so viel zu tun.
Es hat bis zur Klasse 11 gebraucht, bis ich das mit dem „Tag der Arbeit“ besser verstanden habe. Gemeinschaftskunde: Industrielle Revolution, lange Arbeitszeiten in den neuen Fabriken. In Chicago dann ein erster großer Generalstreik für einen Acht-Stunden-Arbeitstag, der dann durch ein paar Fehlgeleitete in einem Massaker endete. Leider hatten auch die Kreuzberg-Ereignisse offenbar Tradition.
Dem syrischen Fragesteller erzähle ich, dass wir an diesem Tag nach gerechten Arbeitsbedingungen fragen. Nach dem Wert der Arbeit, nach ihrer Wichtigkeit. Dass es um angemessene Bezahlung und faire Rentenpolitik geht.
Und er nickt, obwohl er sicher nicht jedes Wort verstanden hat. „Ist wichtig!“, sagt mein Gegenüber. „Jeder Tag Arbeit – ist wichtig!“ Die Sehnsucht spricht aus seinen Worten. Denn er hat hier bislang keinen Zugang zu Arbeit. Sein „Tag der Arbeit“ ist nicht der 1. Mai, obwohl es den, wie ich inzwischen dank Google weiß, auch in Syrien gibt. Sein persönlicher Feiertag kommt erst dann, wenn er arbeiten darf. Dann hat endlich sein Tagesablauf wieder Zug. Dann kann er etwas einbringen. Dann kann er seiner Familie wieder zeigen, wie es eigentlich sein soll: Versorger will er sein. Das hat er mit vielen gemeinsam, die sich um Arbeit mühen.
„Wir sind viele. Wir sind eins.", lautet das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum heutigen 1. Mai 2017. Könnte glatt aus der Bibel stammen. Und wenn die Plakate für „soziale Gerechtigkeit, fairen Lohn und Integration, die klappt!“, werben, ist das wie die Zusammenfassung meines Gesprächs mit dem syrischen Gegenüber zum 1. Mai.
Was man sich zum Feiertag gegenseitig wünscht, fragt der mich zum Schluss. Sonst grüßt man doch auch immer besonders in Deutschland: „Frohe Weihnachten! Frohe Ostern! Frohe Arbeit?!“
Ja, warum nicht? Das ist ein guter Wunsch: „Frohe Arbeit!“. Auf dass er sie findet. Auf dass sie jedem offen steht, der danach sucht. „Frohe Arbeit!“ – oder mit der Bibel:
"Der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern!" (Psalm 90,17)

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