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Eine heilige Frau
Bildquelle: Makalu/Pixabay

Eine heilige Frau

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Giorgi liebt seine Heimat Georgien. Deswegen nimmt er seine Aufgabe als Reiseleiter sehr ernst. Er freut sich über die vielen Gäste, die das Land kennenlernen wollen. Nun ist er mit einer Gemeindegruppe in Georgien unterwegs. Als sie beim Stadtrundgang an der Bischofskirche ankommen, bleibt Giorgi im Torbogen stehen und sagt: „Gerade nochmal herhören. Bevor wir in die Kirche gehen, erzähle ich euch die Geschichte der heiligen Nino. In der Kirche findet ihr das Kreuz von Nino, das sie immer bei sich getragen hat.“Giorgi wird etwas lauter:

„Nino wird als Sklavin geboren und flieht aus der Türkei Richtung Osten über die Berge nach Georgien. Das war kurz nachdem Jesus gestorben ist. In Georgien lebt sie zunächst in einer Hütte. Von hier aus heilt sie Menschen, auch die georgische Königin. Sie betet für die schwerkranke Frau zu ihrem dreieinigen Gott. Das Wunder geschieht - die Königin erholt sich und wird gesund. Hocherfreut möchte der König Nino mit Gold und Silber belohnen, was sie aber ablehnt. Denn Gott allein habe ihr die Kraft für die Heilung geschenkt, meint sie. Gott allein kommt der Dank zu.

Als sich der König eines Tages auf der Jagd verirrt, rettet Nino ihn aus der Notlage. Der König bekehrt sich zum christlichen Glauben und führt ihn als Religion in seinem Land ein. Das Kreuz aus Weinreben ist dafür ein Symbol“, erklärt Giorgi weiter, „findet ihr in dieser Kirche. Schaut es euch an. In 10 Minuten komme ich nach.“ 
Rolf, einer aus der Reisegruppe, bleibt mit Giorgi im Torbogen stehen. Er hält inne und nimmt das Bild dieser wunderbaren Kirche in sich auf. Rolf genießt den Blick. Da spricht Giorgi ihn von der Seite an und sagt: „Ich möchte dich was fragen, du bist doch Religionslehrer.“ „Nur zu“, antwortet Rolf.

„Ich verstehe nicht“, meint Giorgi, „warum die Leute oft so spöttisch schauen, wenn ich ihnen die Geschichte von den Klöstern und Kirchen erzähle.  „Ist ja doch nicht wahr“, sagen sie dann. „Aber die heilige Nino bedeutet mir wirklich viel.“
 „Ja“, meint Rolf „für dich stimmt die Geschichte von Nino. Damit bist du auch nicht allein. Aber es kann halt niemand beweisen, dass die Königin durch Ninos Gebet gesund geworden ist. Für mich erzählt die Geschichte, davon, dass ich Gott vertrauen kann, von Grund auf. Er ist der Anfang für meine Zuversicht. Von dieser Erfahrung kann ich nicht in Zahlen, Daten, Fakten sprechen. Dafür braucht es andere Geschichten, eben auch die von Nino.“ Giorgis Augen leuchten. „Genießen wir diesen Augenblick,“ meint er - und schweigt.

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