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1. Mai: Arbeit ist nicht nur Erwerbsarbeit

1. Mai: Arbeit ist nicht nur Erwerbsarbeit

Dr. Anke Spory
Ein Beitrag von Dr. Anke Spory, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim

Heute wird in vielen Ländern der Welt der 1. Mai gefeiert. Im Mittelpunkt steht seit über 100 Jahren die Frage nach einer gerechten und fairen Entlohnung von Arbeit. Erwerbsarbeit ist wichtig. Sie sichert Menschen sozial gegen Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter ab und verschafft Zugang zum gesellschaftlichen Leben.

Ich wünsche mir, dass am Tag der Arbeit aber nicht nur die Erwerbsarbeit im Mittelpunkt steht. Denn viele Arbeiten, die gesellschaftlich unverzichtbar sind, werden unbezahlt geleistet. Und dies meistens durch Frauen. Ich denke an Frauen, die Angehörigen pflegen und betreuen oder sich um die Erziehung von Kindern kümmern. Diese Fürsorgearbeit hat eine lange Tradition im Judentum und im Christentum. Schon im Alten Testament wird angemahnt: „Du sollst Witwen und Waise nicht bedrücken“ (Ex. 22,21).

Dahinter steht die Vorstellung, dass Menschen, die hilfsbedürftig sind, einen Anspruch darauf haben, geschützt und versorgt zu werden. Dazu gehören nicht nur die Witwen und Waisen, sondern auch die Menschen, die fremd sind oder die sich verschuldet haben. Diese Hilfe wird im Neuen Testament Caritas genannt und mit Nächstenliebe übersetzt. Vielleicht ist das der Grund, wieso Fürsorgearbeit so lange unbezahlt geblieben ist. Weil das, was man aus Liebe zu einem Partner, zu den Eltern oder Kindern tut, nicht bezahlt werden kann.

Aber Menschen zu pflegen, anderen in schwierigen Lebenssituationen beiseite zu stehen, Kinder auf dem Weg ins Leben begleiten, hat einen Preis. Ich finde es deshalb wichtig, politisch darüber nachzudenken, wie solche Zeiten zum Beispiel in der Rentenversicherung besser abgedeckt werden können.

Es ist doch so: Erwerbsarbeit ist unter anderem dazu da, Risiken abzusichern. Dann darf aber Fürsorgearbeit nicht selbst zum Risiko werden für diejenigen, die sie übernehmen. Fürsorgearbeit hat eben ihren Preis. Sie wird oft unentgeltlich geleistet. Aber sie ist nicht umsonst. Trotzdem wird sie immer etwas anderes sein als reine Erwerbsarbeit. Und das ist gut so. Wichtig ist mir, sie anzuerkennen und wahrzunehmen, wo sie überall geleistet wird.

Am 1. Mai geht es vor allem um die Erwerbsarbeit. Vielleicht kann das aber heute auch heißen, Danke zu sagen. Danke den Menschen, die neben oder anstatt der Arbeit, für die sie Geld bekommen, eine Arbeit übernehmen, die für unsere Gesellschaft genau so wichtig ist. Das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbund in diesem Jahr lautet: „Die Zukunft der Arbeit gestalten wir“, Stimmt. Aber nicht nur die Zukunft der Erwerbsarbeit.

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