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Abendmahl digital
Foto: Martin Vorländer

Abendmahl digital

Ein Beitrag von Dr. Christine Lungershausen, Evangelische Pfarrerin, Eschborn
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Ab und an verabrede ich mich mit Freunden zur Videokonferenz. So feiern wir das Abendmahl zusammen. Undenkbar noch vor einem Jahr, aber jetzt feiern wir so. Wir klappen die Laptops auf, eine hat eingeladen und dann holen wir uns über den Bildschirm an unsere Tische.

Brot und Wein am Tisch zuhause

An Küchentische, wo später zum Essen Spaghetti mit Pesto aufgedreht werden. An Schreibtische, wo Mathearbeitsblätter und Buntstifte rumliegen. An den Sofatisch. Wir unterhalten uns, erzählen, wie es gerade geht. Zum Abendmahl steht auf dem Tisch vor mir ein Teller mit selbstgebackenem, saftigem Brot. Daneben ein Becher mit Wein und eine Kerze. Dahinter der Bildschirm meines Laptops. Wir holen uns an die Tische, an denen wir essen, arbeiten, leben. Mit am Tisch sitzt auch das Gefühl, dass es nicht reicht: Die Nähe zu meinen Freunden ist nur auf Abstand möglich.

Jesus Christus ist Gastgeber

Wir setzen drauf, dass im Gebet auch Jesus mit am Tisch sitzt. Quasi als Gastgeber. So wie damals. Beim Abendmahl vor seinem Tod saß Jesus mit seinen Freunden zusammen. Und mit ihnen saß da auch die Angst vor dem, was kommt. "Nehmt und esst. Darin bin ich bei euch, auch wenn ich einmal nicht mehr sein werde." Das hat Jesus damals versprochen.

Abendmahl online

Ähnlich sagen wir heute: Nimm und iss. Christus für Dich und mich.“ Darin hören wir das Versprechen: Jesus ist dabei, am Schreibtisch, am Sofa, am Esstisch. Ich bin froh, dass Abendmahl auch online geht. An Jesu letztes Mahl denken, dabei Brot essen, das geht auch vermittelt über den Bildschirm. Gleichzeitig fehlt mir viel: Nähe, Körperkontakt, dass mir jemand direkt was in die Hand gibt.

Besser als nichts. Aber nicht genug.

Online ist besser als nichts. Aber es macht gleichzeitig hungrig. So, als könnte ich nur mal kurz kosten. Ein Vorgeschmack: so wird es sein. Aber jetzt ist es noch nicht. So wird es sein, wenn wir alle wieder an einem gemeinsamen Tisch essen. Wenn wir uns wieder umarmen können und lachen, ohne Angst.

Den Himmel kosten

Vorgeschmack. Das ist Abendmahl. Vorgeschmack auf den Himmel. Davon, dass alle Menschen genug haben von dem, was sie brauchen und was ihr Herz froh macht. Vorgeschmack heißt: Ich habe nur so eine Ahnung. Einen Geschmack auf der Zunge, im Herzen. Man muss hinschmecken und dazu phantasieren. Das ist für mich der Vorgeschmack auf den Himmel.

Salzkaramelleis und Lachen

Da werden wir sitzen. Becher voll Salzkaramelleis und Lachen, keiner drängelt, niemanden schmerzt etwas. Am anderen Ende des Tisches unterhält sich die Freundin lebendig, die Zeit ihres Lebens so in sich verschlossen war und darum rang, ob überhaupt irgendwas an ihr anderen gefallen könnte; wie sie mit anderen Menschen in Kontakt kommen soll. Da an dem Tisch lacht sie und hört zu, und was sie erzählt, stößt auf Resonanz.

Alle sind willkommen

So ist Abendmahl gedacht. Vorgeschmack auf Himmel. Niemand fühlt sich klein oder minderwertig. Alle sind willkommen am Tisch Gottes. Wenn ich Abendmahl mit meinen Freunden online feiere, dann ist auch das ein Vorgeschmack. Wir feiern, dass es wieder anders werden wird. Und dass wir von Gott gestärkt werden, bis es soweit ist: Mit Brot und Wein, mit Zuversicht und Verbundenheit.

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