Ihr Suchbegriff
Beitrag anhören:
Noch nicht
Bild: Pixabay

Noch nicht

Patrick Smith
Ein Beitrag von Patrick Smith, Evangelischer Pfarrer, Kelkheim
Beitrag anhören:

Meine Freundin Bea erzählt von der Arbeit. Ihre Kollegin hat sich wieder im Ton vergriffen. Sie hat geschmacklose Witze über Bea gemacht. Und Bea war verletzt, stand da wie versteinert. Jetzt steht sie mir gegenüber auf dem Gehweg und ihr kommen die Tränen.

Die Verletzung bleibt

Wenn andere zu Dir grausam oder bösartig waren, bleibt fast immer eine Verletzung. Zeit heilt leider nicht alle Wunden. Sie verdünnt das Leid nur. Wie ein Tropfen Tinte in einem Glas Wasser. Das klappt manchmal besser und manchmal schlechter. Der kleine Streit von neulich ist irgendwann nicht mehr wichtig. Aber eine tiefe Verletzung brennt auch noch lange später genauso wie damals.

Ein klärendes Gespräch braucht Kraft

Ich würde Bea gerne sagen: „Führe ein klärendes Gespräch, dann wird es garantiert besser.“ Aber das wäre nicht ehrlich. Denn natürlich kann ein Gespräch helfen, wenn man dem Gegenüber klarmacht: Das verletzt mich.

Aber das braucht ganz schön Kraft und Überwindung. Und ob es wirklich hilft? Mancher ist unverbesserlich und auf manche Entschuldigungen wartest du ein Leben lang.

Hilfe im Gebet

In solchen Momenten hilft mir eine Bitte aus dem Vater Unser. Da heißt es: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“. Das kann ich Bea guten Gewissens mitgeben.

Das Gebet erinnert an Gott als Vermittler.Gott als der, der vergeben kann, wo ich es nicht oder noch nicht kann. Dadurch habe ich das Gefühl, wir stehen nicht still im Streit. Es bewegt sich etwas. Solange, wie ich noch nicht selbst vergeben kann.

Darin steckt Hoffnung

Und leise klingt es an: das hoffnungsvolle „NOCH nicht“. Das heißt auch: Es kommt eine Zeit danach. Und vielleicht ist ja dann – mit Abstand – auch ein klärendes Gespräch und eine Entschuldigung möglich.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren